Wasser aus der Trinkwassertalsperre zur Kraftwerkskühlung?

In den meisten sächsischen Flusssystemen herrscht aktuell wegen der anhaltenden Trockenheit Niedrigwasser. Doch die Braunkohlekraftwerke müssen mit Wasser gekühlt werden. Aus welchen Flüssen kommt dieses Wasser? Wieviel Wasser darf entnommen werden? Und wie entwickeln sich die Pegelstände der genutzten Flüsse bei der aktuellen Trockenheit? Hier eine kleine Übersicht:

Kraftwerk Lippendorf, Betreiber LEAG, Umlaufkühlsystem

Das Kraftwerk wird mit Wasser aus Wyhra, Eula und Mulde gekühlt. Die Entnahme findet über den Speicher Witznitz statt. Die Grundlage der Wasserentnahme ist eine Genehmigung des Regierungspräsidiums Leipzig aus dem Jahr 1997. Sie ist bis Ende Juli 2040 befristet.

Das Wasser darf dem Speicher Witznitz mit maximal 35 Millionen Kubikmeter pro Jahr mit maximal 1,33 Kubikmeter pro Sekunde entnommen werden. Hier ist der aktuelle Pegelstand des Speichers Witznitz dargestellt. Der Zuflusspegel ist seit dem 4. August auf 0,0 Kubikmeter pro Sekunde gefallen. Ab einer bestimmten Pegelhöhe darf kein Brauchwasser mehr aus dem Speicher entnommen werden.

Der Speicher darf durch eine Überleitung von maximal zwei Kubikmeter Flusswasser pro Sekunde aus der Mulde gespeist werden. Das Wasser wird am Pumpwerk Sermuth entnommen und mit einem 30 Kilometer langen Überleitungssystem in den Speicher Witznitz gepumpt. Die Kühlung des Kraftwerks Lippendorf wird somit indirekt auch mit Wasser aus einer Trinkwassertalsperre unterstützt: Denn in sehr trockenen Phasen kann es passieren, dass aus der Trinkwassertalsperre Eibenstock Wasser zur Niedrigwasseraufhöhung der Mulde abgegeben werden muss. Damit wird dann auch der Füllstand im Speicher Witznitz unterstützt. Momentan herrschen in Freiberger und Zwickauer Mulde Niedrigwasser. Die Talsperre Eibenstock ist im Normalzustand und hat aktuell noch ausreichend Wasser, aber der Wasserstand sinkt.

Kraftwerk Lippendorf und Speicherbecken Witznitz südlich von Leipzig. Wyhra & Eula verlaufen zwischen Becken und Hainer See, die Mulde liegt weiter östlich. Die Kartenansicht verdeutlicht ganz nebenbei: Der geplante Pereser See hätte gigantische Ausmaße – nur woher das Wasser dafür kommen soll, wird immer fraglicher.

Heizkraftwerk Chemnitz am Dammweg, Betreiber Eins Energie, Kreislaufkühlung

Das Kraftwerk wird mit Wasser aus der Chemnitz und der Zschopau gekühlt. Grundlage der Wasserentnahme ist die wasserrechtliche Nutzungsgenehmigung der Staatlichen Gewässeraufsicht Oberflußmeisterei Karl-Max-Stadt aus dem Oktober 1989.

Aus der Chemnitz dürfen 0,14 Kubikmeter pro Sekunde entnommen werden. Hier sind die aktuellen Pegelstände der Chemnitz bei der Entnahmestelle. Am 5. August sank hier der Durchfluss auf unter 0,5 Kubikmeter pro Sekunde, was unter dem zehnjährigen Mittel der niedrigsten Durchflussmengen (0,657 m³/s) liegt. (11.08.: 0,483)

Aus der Zschopau dürfen 0,335 Kubikmeter pro Sekunde entnommen werden. Hier sind die aktuellen Pegelstände der Zschopau bei der Entnahmestelle. Seit dem 1. August ist der Durchfluss auf unter 2,5 Kubikmeter pro Sekunde gesunken, was deutlich unter dem zehnjährigen Mittel der niedrigsten Durchflussmengen (3,51 m³/s) liegt. (11.08.: 1,95)

Das Heizkraftwerk Chemnitz Nord, direkt an der Chemnitz gelegen, sowie die Zschopau weiter östlich. Die Entnahmestelle befindet sich nahe Lichtenwalde.

Kraftwerk Boxberg, Betreiber LEAG, Umlaufkühlsystem

Das Kraftwerk wird mit Wasser aus der Spree und dem Schwarzen Schöps gekühlt. Grundlage der Wasserentnahme ist die Genehmigung des Regierungspräsidiums Dresden aus dem August 2006. Sie ist bis Ende Dezember 2040 befristet.

Aus der Spree dürfen 7 Millionen Kubikmeter pro Jahr bei einer maximalen Entnahme von 0,28 Kubikmeter pro Sekunde entnommen werden. Hier sind die aktuellen Pegelstände der Spree bei der Entnahmestelle. Am 1. August sank hier der Durchfluss auf 1,2 Kubikmeter pro Sekunde, hat sich inzwischen aber etwas erholt.

Aus dem Schwarzen Schöps dürfen 35 Millionen Kubikmeter pro Jahr bei einer maximalen Entnahme von 1,4 Kubikmeter pro Sekunde entnommen werden. Hier sind die aktuellen Pegelstände Schwarzer Schöps bei der Entnahmestelle. Seit dem 1. August fallen die Durchflussmengen regelmäßig auf unter 3 Kubikmeter pro Sekunde, Tendenz fallend.

Das Kraftwerk Boxberg sowie die Verläufe von Schwarzem Schöps und Spree in der Nähe der Anlage.

Mit dem Klimawandel nehmen die Trockenphasen und damit auch die Wasserkonkurrenzen zu. Braunkohleverstromung ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch ein bedeutender Teil dieser wachsenden Konkurrenz um das knappe Gut Wasser. Noch dramatischer sind die Folgen des Braunkohlebergbaus für Grundwasser, Wasserhaushalt und (Trink-)Wasserversorgung der betroffenen Region.

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