Rede zur 2. Aktuelle Debatte “25 Jahre Wartezeit sind zu viel – Rentenmauer einreißen, Lebensleistungen würdigen!” (Antrag LINKE) zur 9. Sitzung des Sächsischen Landtags (TOP 4) am 11. März 2015:
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
gleiches Rentenrecht in Ost und West – da wird ja immer viel geredet. Aber ob es da wirklich vorangeht? Da habe ich doch große Zweifel. Die sächsischen Koalitionäre Tillich und Dulig haben ja die Berliner Koalition mitverhandelt. Und beide haben da etwas gelernt: Nicht versprechen, etwas zu tun, sondern versprechen zu prüfen!
Denn wie auch im sächsischen Koalitionsvertrag das Wort „prüfen“ ständig auftaucht, heißt es zur Rentenangleichung im Berliner Koalitionsvertrag: „Zum 1. Juli 2016 wird geprüft, wie weit sich der Angleichungsprozess bereits vollzogen hat und auf dieser Grundlage entschieden, ob mit Wirkung ab 2017 eine Teilangleichung notwendig ist.“
Einfach ausgedrückt heißt das: Die Regierung wird da wahrscheinlich gar nichts tun.
Was wir GRÜNEN vorschlagen, will ich kurz zusammenfassen:
Erstens:
Wir heben den Rentenwert und die Beitragsbemessungsgrenze Ost auf Westniveau an
Zweitens:
Wir lassen die in Vergangenheit erworbenen Rentenansprüche unangetastet.
Drittens:
Wir setzen die Angleichung konsequent auf allen Ebenen um. Das heißt, wenn der Rentenwert auf Westniveau angehoben wird, dann wollen wir die Hochwertung der Entgelte im Osten aufgegeben. Da muss es dann einen Stichtag geben, ab dem die Entgeltpunkte bundeseinheitlich berechnet werden. Und genau hier ist unser Konflikt mit LINKEN: Denn Sie wollen nach der Angleichung zusätzlich die Hochwertung der Einkommen Ost beibehalten. Das wird dann dazu führen, das gleiche Einkommen zu niedrigeren Rentenansprüchen in Westdeutschland führen. Und so reißen Sie Rentenmauer nicht ein, meine Damen und Herren.
Viertens:
Wir wollen die Geringverdiener in Ost und West stärker schützen und eine Garantierente einführen. Wer 30 Jahre Mitglied in einer Rentenversicherung ist, soll dann auch eine Garantierente von mindestens 850 € erhalten. Damit wollen wir auch der besonderen Situation im Osten Rechnung tragen. Denn die Löhne waren und sind hier niedriger als im Westen, es gibt eine geringere Tarifbindung und der Anteil des Niedriglohnsektors ist größer. Klar muss aber sein, dass eine solche Garantierente nicht dazu da sein kann, eine inkonsequente Umsetzung des Mindestlohn abzufedern!
Fünftens:
Wir wollen eine Regelung für Bestandsübersiedler. Das betrifft all die hier lebenden Menschen, die vor dem Mauerfall ihren Wohnsitz in der BRD hatten.
Sechstens:
Wir wollen eine Regelung zu Gunsten von Frauen, die vor 1992 in den Neuen Bundesländern geschieden wurden. Sie sind benachteiligt, wenn wegen Kindererziehung die Erwerbsarbeit unterbrochen oder eingeschränkt war, weil der Versorgungsausgleich erst nach 1992 auch für die Neuen Bundesländer greift.
Das Ganze gehört in ein Rentenüberleitungsabschlussgesetz, das weitere offene Überleitungsfragen abschließend klärt. Das wird aber nicht im Sächsischen Landtag, sondern im Bundestag entschieden, wo eigentlich auch die ganze Debatte heute hingehört.