Jammern war gestern. Bitte mehr Selbstbewusstsein beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und des Netzes!

Seit der letzten Stadtratssitzung reißt das laute Wehklagen in der Chemnitzer Kommunalpolitik nicht ab: Die Zukunft der Wasserstoff-Versorgung sei kritisch, es fehle an konkreten Planungen, Chemnitz werde wie so oft übersehen, Standortnachteile seien zu befürchten, die Region werde abgehängt …

Sieht so Chemnitzer Selbstbewusstsein aus? Die Stimmungslage dieser Debatte um das Wasserstoffnetz erinnert mich an Nachwendezeiten. Damals gab es allerdings reichlich Gründe für das beschissene Gefühl, immer im Schatten zu stehen. Ich hoffte, dass die Stadt sich längst aus dieser Opferrolle emanzipiert hat. Dem ist anscheinend nicht so.

Auch faktisch gibt es keinen Anlass für das ganze Gejammer. Dass ein in Chemnitz künftig existierender Bedarf an Wasserstoff künftig nicht gedeckt wird, ist nicht zu erwarten. Denn sobald sich Abnehmer und Lieferanten über Preise und Mengen geeinigt haben, werden – wie beim vorhandenen Gasnetz – die notwendigen Mengen über entsprechende Anschlüsse bereitgestellt. Das ist auch keine politische Entscheidung, sondern das normale Geschäft der Netzbetreiber. Bereits jetzt werden die Gasbedarfe von Unternehmen und Haushalten über entsprechende Verteilnetze gedeckt.

Das Wasserstoffkernnetz sollte so effizient wie nur irgend möglich bleiben. Ein zu weit verzweigtes Kernnetz mit großen Leitungen verursacht hohe Kosten, die am Ende die Preise für alle nur unnötig in die Höhe treiben. Es macht also auch wirtschaftlich viel mehr Sinn, die normalen Industriebedarfe in der Region Chemnitz über die geringeren Kosten eines Verteilnetzes zu decken.

Nun wird die Sorge geäußert, dass es keine konkreten Aussagen zum Ausbau dieses Verteilnetzes geben würde. Das es ausgehend vom Kernnetz zwingend zu einem Ausbau eines verzweigten Verteilnetzes kommen wird, ist aber eigentlich logisch und erwartbar. Denn ohne die Verteilung in der Fläche und die Erschließung der Kapazitäten bei Erzeugung und Bedarf von Wasserstoff ist am Ende auch das Kernnetz nicht wirtschaftlich.

In Chemnitz gibt es eine Reihe Unternehmen mit potenziellen Bedarfen an Wasserstoff. Doch spezielle Großverbraucher – wie zum Beispiel die behauptete Stahlindustrie – gibt es nun mal nicht. Der einzige Großabnehmer ist künftig die Eins als Energieversorger mit dem Gaskraftwerk, welches auch Wasserstoff nutzen kann. Hier muss selbstverständlich geprüft werden, mit welcher Netzinfrastruktur dieser Bedarf künftig sicher abgedeckt werden kann.

Ich würde mir wünschen, dass dieselben Akteure, die vorwurfsvoll und lautstark die Anbindung von Chemnitz an das Wasserstoff-Kernnetz einfordern, sich mit derselben Leidenschaft und Lautstärke für den Ausbau der Erneuerbaren Energien in unserer Region und gegen die leider auch in den Chemnitzer Ortschaften verbreitete Ablehnung von Windkraftanlagen einsetzen würden. Da gibt es leider nur Schweigen. Es ist eben einfacher, gegen Berlin oder die GRÜNEN zu poltern, als sich der ortsansässigen Bevölkerung und deren Befürchtungen im Zusammenhang mit neuen Anlagen zur Energieerzeugung zu stellen.

Der Präsident der Industrie und Handelskammer Max Jankowsky sagte beim Jahresempfang diese Woche: „Wir sind eine Zukunftsregion. Und wir sind bereit für den Wandel.“ Das klingt nach Selbstbewusstsein und ich werbe dafür, dieses Selbstbewusstsein auch in der öffentlichen Kommunikation zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und des Netzes zu zeigen. Jammern war gestern.

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