AfD-Debatte zu Familienpolitik – Zschocke: Nehmen Sie einfach mal zur Kenntnis, dass unsere Töchter oder Enkeltöchter nicht mehr wie Ihre Urgroßmütter leben wollen!

Redebeitrag des Abgeordneten Volkmar Zschocke zur Aktuellen Debatte der Fraktion DIE LINKE zum Thema: „Willkommenskultur für Kinder – unsoziale Regierungspolitik beenden!“, 8. November, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

in der zweiten Debatte geht es um die Familien-Ideologie der AfD. Eine aktuelle Debatte kann das schon deshalb nicht wirklich werden, weil das Familienbild der AfD wirklich von vorvorgestern ist.

Sie reden hier wohlfeil über Familienpolitik. Damit meinen sie eine völkisch-nationale Bevölkerungspolitik. Im Kern geht es Ihnen darum, dass heterosexuelle, deutschstämmige Paare wieder mehr Kinder für das deutsche Staatsvolk zeugen sollen.

Ihre Familien-Ideologie lebt von der Angst. Sie verbreiten Angst vor der Schrumpfung eines homogenen deutschen Volkes, dass es so gar nicht gibt,
Sie machen sich damit Freunde bei all denen, die schon immer gern den drohenden Volkstod der Deutschen an die Wand gemalt haben.
Zu diesem Zweck zeichnen Sie das Bild von einem bedrohlichen Ansturm von Migrantenfamilien auf Europa oder von dem angeblichen Geburtendshihad,
den muslimische Großfamilien hier gegen uns führen. Oder Sie verbreiten die rechtsextreme Verschwörungstheorie von der schleichenden Umvolkung durch Fremde.

Sie beunruhigen Eltern wegen der angeblichen als >>Frühsexualisierung<< ihrer Kinder. Und wenn es um Geschlechtergerechtigkeit geht, sind Sie sofort zur Stelle, um vor >>ideologischen Experimenten<< zu warnen.

Ihre Willkommenskultur für Kinder meint nicht, dass alle Kinder willkommen sind. Die Kinder in den überfüllten Flüchtlingsbooten sind damit nicht gemeint,
Sie sagen zwar Willkommenskultur, letztendlich meine Sie aber Abwehr und Ausgrenzung. Ihr größter Albtraum ist die Angst vor dem afrikanischen Ausbreitungstyp. Ihr Chefrassist Höcke leidet stark unter diesem Albtraum. Und deswegen müssen Sie jetzt auch Ihre Männlichkeit wiederentdecken,
denn nur wer mannhaft ist – ist auch wehrhaft.

Dieser Abwehr- und Verteidigungslogik folgt dann auch Ihre gesamte familienpolitische Programmatik. Und deshalb ist Ihre Familienpolitik dann auch konsequent antifeministisch, deshalb haben Sie auch ein Problem mit der Vielfalt sexueller Identitäten und Orientierungen.
Deshalb lehnen Sie die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Geschlecht und Geschlechterverhältnissen auch so rigoros ab. Deshalb diskreditieren Sie Bildungsangebote, die Aufklärung und Antidiskriminierung zum Ziel haben. Deshalb scheuen Sie selbst davor nicht zurück, gemeinsam mit religiösen Fundamentalisten gegen die Selbstbestimmungsrechte von Frauen mobil zu machen.
Das ist die ganze Zeit Ihre reale Politik und dann kommen Sie hier her und wollen mit uns über Willkommenskultur reden? Was soll das? Das ist doch ein Witz?

Und ich stehe nun wirklich nicht hier, um die Regierungspolitik von CDU und SPD zu verteidigen. Natürlich gibt es kinder- und familienfeindliche Missstände in unserem Land!

Willkommenskultur für Kinder heißt für uns GRÜNE deshalb,

  • entschlossen gegen Kinderarmut vorzugehen;
  • heißt Einführung einer Kindergrundsicherung,
  • die Kindern und Jugendlichen ein Aufwachsen jenseits der Armut garantiert;
  • gute-Kita-Gesetze mit klaren Qualitätsstandards;
  • dass Familien endlich wieder mehr Zeit füreinander haben;
  • z.B. durch eine partnerschaftliche Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeitszeit;
  • heißt Unterstützung und Entlastung Alleinerziehender;
  • bezahlbarer Wohnraum;
  • und kurze Wege für kurze Beine in der Stadt und auf dem Land.

Sie täuschen allerdings nur vor, die unsoziale Regierungspolitik beenden zu wollen. Sie vertuschen mit dieser Debatte, wie neoliberal und zutiefst unsozial die AfD ist.In Wahrheit sind sie an Armutsbekämpfung nicht im Geringsten interessiert. Sie sind gegen soziale Mindeststandards in der EU, Sie sind gegen eine Mietpreisbremse, Sie bekämpfen eine gleichberechtigte Arbeitswelt und Aufstiegschancen für Frauen, wohl wissend, dass gerade alleinerziehende Frauen schwerer einen Job finden und oft trotz Arbeit arm sind; auf Probleme, wie Kinder- oder Altersarmut, haben Sie gar keine Antwort.

Der Unterschied zwischen Ihrer Willkommenskultur und unserer Willkommenskultur kann gegensätzlicher nicht sein. Denn Ihre Willkommenskultur ist ausgrenzend. Uns sind alle Kinder willkommen, egal in welcher Familienform sie leben, egal welcher Herkunft sie sind! Sie bekämpfen die Gleichstellung aller Geschlechter, für uns ist Gleichberechtigung und der Schutz von Minderheiten die Grundlage für ein friedliches Zusammenleben in unserer Gesellschaft.

Sie machen sich zum Sprachrohr antifeministischer Strömungen. Für uns sind solche rückschrittlichen Denk- und Handlungsmuster ein Angriff auf die Errungenschaften unserer moderne Gesellschaft

Viele junge Menschen fragen sich, ob es zu verantworten ist, Kinder in eine Welt zu setzten in der das Klima zu kippen droht, Böden und Meere vergiftet werden und in der Nationalismus wieder erstarkt.

Wenn Sie wirklich etwas für die nächsten Generationen tun wollen, dann hören Sie einfach damit auf, unsere Gesellschaft zu spalten, hören Sie, den Klimawandel zu leugnen, hören Sie auf, das gemeinsame Europa unserer Kinder zu verunglimpfen und nehmen Sie einfach mal zur Kenntnis, dass unsere Töchter oder Enkeltöchter nicht mehr wie Ihre Urgroßmütter leben wollen.

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