Zero Waste Workshop in Fraureuth

Wir leben in einer Linear- oder Wegwerfwirtschaft. Produkte werden gefertigt, genutzt und dann weggeworfen. Der Prozess beschleunigt sich sogar: Die Lebensdauer von Produkten wird in vielen Branchen immer kürzer. Gleichzeitig gilt aber: Je mehr gefertigt wird, desto mehr Müll entsteht. Der Ressourcenverbrauch der Menschheit steigt exponentiell an. Ohne Kurswechsel wird er sich bis 2060 verdoppelt haben.

Aber muss das so sein? Kann unsere Wirtschaftsordnung nicht auch ohne Müll funktionieren? Zero Waste heißt die Philosophie, die davon ausgeht, dass ein Leben ohne Müll möglich ist. Dazu muss aus der Linearwirtschaft eine Kreislaufwirtschaft werden. Produkte werden nach ihrer Benutzung nicht entsorgt, sondern wieder benutzt oder als Komponenten und Rohstoffe von neuem als Wertstoff in den Kreislauf zurückgeführt – „cradle to cradle“, von Wiege zu Wiege bzw. vom Ursprung zum Ursprung.

Im Zero-Waste-Workshop sammeln die Teilnehmer:innen an verschiedenen Tischen Ideen zum Thema Müllvermeidung. Sie gehen in wechselnden Runden der Frage nach: Was müssten wir heute beschließen, um Zero-Waste in unserer Region zu erreichen? Am Ende werden die „Top 3 Handlungsempfehlungen“ pro Tisch ausgewählt. Das wird immer sehr konkret. So auch am heutigen Abend im Gemeinderaum in der Ev.-Luth. Kirchgemeinde Beiersdorf-Ruppertsgrün:

Was bedeutet Zero Waste in der Praxis?

Die einfachste Umsetzung von Zero Waste ist die Vermeidung von Abfall. Das passiert natürlich, wenn auf Konsum verzichtet wird – indem Menschen beispielsweise in kleineren Wohnungen mit weniger Möbeln leben. Auch eine bessere Planung von Bedarfen führt dazu, dass kein unnötiger Abfall entsteht, zum Beispiel bei Lebensmitteln. Nicht zwingend notwendige Bestandteile von Produkten können eingespart werden, beispielsweise Verpackungen. Und manche Funktionen von Produkten können auch mit reduzierter Materialmenge realisiert werden.

Ein anderer Ansatz besteht darin, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern. Zum Beispiel, indem gebrauchte, aber noch funktionstüchtige Dinge nicht weggeworfen, sondern refurbished (erneuert, wie neu) und/oder weiterverkauft werden, zum Beispiel in Second-Hand-Läden oder über ebay. Auch kaputte Gegenstände werden oft weggeworfen, obwohl sie noch repariert werden könnten. Eine längere Lebensdauer wird durch Eigenschaften wie Reparaturfreundlichkeit, Waschbarkeit oder Wiederbefüllbarkeit gefördert. Und man kann darauf achten, statt Einwegprodukte wiederverwendbare Produkte zu benutzen, zum Beispiel Mehrwegflaschen oder Stoffwindeln. Auch Leasing-Modelle können zu einer größeren Wiederverwendung führen, beispielsweise beim Carsharing oder auch bei gemeinsamer Nutzung von Gebrauchsgegenständen wie Werkzeug.

Recycling bedeutet, dass Abfallströme so aufbereitet werden, dass wieder vermarktungsfähige Rohstoffe entstehen. Weit verbreitet ist das bei Papier, Glas oder Kunststoffen. Allerdings besteht die Herausforderung des Downcycling. Je nach Materialtyp erreichen die Recyclingrohstoffe oft nicht die selbe Qualität wie Primärrohstoffe – was in vielen Fällen bedeutet, dass sie bei weniger Produkten zum Einsatz kommen können. Je besser die Sortierung und die Materialreinheit, desto besser die Qualität der Recyclingrohstoffe. Zero Waste bedeutet, dass Produkte von Vornherein recyclingfreundlich gestaltet werden, beispielsweise durch Verzicht auf Verbundwerkstoffe. Und es sollte möglichst viel Recyclingrohstoff bei der Herstellung von Produkten zum Einsatz kommen. Letzten Endes braucht es aber natürlich auch bessere Recyclingtechnologien und eine höhere Wirtschaftlichkeit des Recyclings.

Für organische Materialien stellt die Natur einen ausgezeichneten Recyclingprozess bereit. Vor allem aus Küchen- und Gartenabfällen entsteht durch Kompostierung Kompostmaterial, das als hochwertiger Dünger zur Bodenverbesserung eingesetzt werden kann. Kompostiert werden kann für den Hausgebrauch genauso wie mit technischen oder großtechnischen Verfahren.

Von zentraler Bedeutung ist allerdings das Umgestalten von Produkten und Prozessen, damit Müll gar nicht erst entsteht: Produkte und Prozesse kreislauffähig zu gestalten, ist oft keine einfache Angelegenheit. In vielen Fällen sind sie sogar auf die Wegwerfwirtschaft zugeschnitten. Nachhaltige und recyclingfähige Materialien haben andere Eigenschaften und brauchen andere Fertigungsprozesse, beispielsweise wenn es darum geht, Holz statt Metall im Maschinenbau einzusetzen oder kompostierbare Textilien zu entwickeln. Auch die Käufer:innen von Produkten müssen möglicherweise umdenken, etwa bei ihren Einkaufsgewohnheiten oder der Produktverwendung. Und für eine Förderung der Wiederverwendung braucht es andere Geschäftsmodelle – beispielsweise die Bereitstellung einer Dienstleistung statt des Verkaufs eines Produkts oder eine Kombination aus beidem, die wie eine deutlich verlängerte Reparaturgarantie funktionieren würde.

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