In einem Wahlkampfschreiben wenden sich Ministerpräsident Michael Kretschmer und der forstpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Georg-Ludwig von Breitenbuch an die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in Sachsen. Dieses Schreiben ist angefüllt mit direkten und indirekten Unterstellungen gegenüber dem vom Bündnisgrünen Koalitionspartner geführtem für Wald zuständigem Ministerium.
Gleich im zweiten Satz wird indirekt behauptet, dass wir BÜNDNISGRÜNEN eine Forstpolitik gegen bewirtschaftete Wälder, gegen Fach- und Sachverstand und gegen bewährte Freiheiten der Waldbewirtschaftung betreiben würden. Unabhängig von der damit verbundenen Diffamierung des Fach- und Sachverstandes in Ministerium, Staatsbetrieb und den Revieren ist diese Unterstellung einfach falsch: In den Jahren der Bündnisgrünen Führung des Ministeriums erreichte die reguläre wirtschaftliche Holznutzung im Sachsenforst seit 2020 einen Höchststand. Die Freiheit der Waldbewirtschaftung ist gesetzlich lediglich in sehr wenigen Punkten reguliert – und zwar durch Vorgaben des unter CDU-Regie beschlossenen Sächsischen Waldgesetzes von 1992 sowie durch Vorschriften in Schutzgebieten. Weitergehende staatliche Beschränkungen der Waldeigentümer existieren nicht. Genauso wie die privaten und körperschaftlichen Waldeigentümer kann auch der Freistaat in diesem gesetzlichen Rahmen die Waldbewirtschaftung in den eigenen Wäldern frei gestalten. Diese Gestaltungsfreiheit im Umkehrschluss als Beschränkung darzustellen, ist Unsinn.
Es wird unterstellt, dass der Privat- und Kommunalwald nicht angemessen im Forstbeirat vertreten sei. Im von der CDU beschlossenen Waldgesetz ist die Zusammensetzung des Landesforstwirtschaftsrates klar geregelt. In der aktuellen Legislatur wurde die Besetzung der Verbände wie unter CDU-geführten Ministerien unverändert vorgenommen. Die Behauptung entspricht daher nicht den Tatsachen. Sächsischer Waldbesitzerverband, Familienbetriebe Land und Forst Sachsen und Thüringen, Waldbesitzerverband, Sächsischer Forstunternehmerverband, Sächsischer Städte- und Gemeindetag, Verband der Säge- und Holzindustrie sind neben vielen anderen selbstverständlich konstant vertreten.
In einem weiteren Punkt wird das Zerrbild entworfen, dass alles im Staatsbetrieb Sachsenforst dem Naturschutz untergeordnet werden müsse. Die Ausweitung der geplanten wirtschaftlichen Holznutzung in der Amtszeit von Staatsminister Günther (BÜNDNISGRÜNE) delegitimiert dieses Zerrbild vollständig. In der öffentlichen Wahrnehmung ist das Gegenteil der Fall: Die Beschwerden und Klagen, dass der Staatsbetrieb Sachsenforst den Holzeinschlag rücksichtslos gegen den Naturschutz durchführen würde, haben sich in den letzten Jahren gehäuft. Nicht selten spielen bei Beschwerden Subjektivität und Unkenntnis über waldwirtschaftliche Zusammenhänge eine Rolle. Von einem Abgeordneten und einem Ministerpräsidenten kann aber etwas mehr Sachverstand und Objektivität erwartet werden. Der jährliche Holzeinschlag bei Sachsenforst liegt mittlerweile bei knapp 1,4 Mio. Kubikmeter im Jahr, mehr als in den Jahren vor 2018. Ein hoher Holzeinschlag ist schon aus Gründen des Waldumbaus auch in den nächsten Jahren unumgänglich, um ausreichend Licht auf den Boden zu bringen, um artenreiche und stabile Mischbestände zu begründen.
Unsinnig ist auch die Behauptung, dass der Staatsbetrieb Sachsenforst sich überzogenen Zertifizierungsanforderungen unterziehen müsse. Der Sachsenforst wurde unter CDU-Führung nach PEFC zertifiziert und ist dies auch in den letzten Jahren geblieben. Soll das eine überzogene Maßnahme gewesen sein? Ganz bestimmt nicht. In weit mehr als der Hälfte der Bundesländer sind die Staatswälder nach dem etwas anspruchsvollerem FSC zertifiziert. Deswegen wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, zusammen mit der Forstwissenschaft in Tharandt die Potenziale und Herausforderungen einer Bewirtschaftung des Staatswaldes nach den Kriterien der FSC Deutschland 3.0 zu untersuchen, u. a. auch im Rahmen eines Modellprojekts. Für dieses Modellprojekt wurden lediglich 3 von 12 Forstbetrieben ausgewählt sowie die Großschutzgebiete, in denen Waldwirtschaft sowieso eingeschränkt ist. Eine abschließende Entscheidung über einen Wechsel der Zertifizierung von PEFC zu FSC wurde überhaupt nicht getroffen. Die Grundlage einer solchen Entscheidung sollten die objektiven, wissenschaftlichen Kriterien im Abschlussbericht sein und keine Bauchgefühle von wahlkämpfenden CDU-Vertretern.
Unverständlich ist die Ankündigung von Michael Kretschmer und Georg-Ludwig von Breitenbuch, die Ausweisungen von Wildnisgebieten zu überprüfen. Denn exakt diese Ausweisung haben beide im Koalitionsvertrag verhandelt und unterschrieben. Damit setzte die sächsische Koalition nichts anderes um als die Ziele der Nationalen Biodiversitätsstrategie von 2007 aus dem Kabinett Merkel (CDU). Darin heißt es: „2020 beträgt der Flächenanteil der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung fünf Prozent der Waldfläche.“ Dieses wichtige Naturschutzziel der CDU haben wir gemeinsam in dieser Legislatur für Sachsen fast erreicht. Warum soll das jetzt auf den Prüfstand? Im Jahr 2023 lagen insgesamt 23.585 Hektar und damit cirka 4,5 Prozent des Gesamtwaldes in Naturwaldentwicklungsflächen. Der weit überwiegende Teil davon liegt mit 21.683 Hektar im Staatswald (Bund und Freistaat Sachsen). Körperschafts- und Privatwald sind kaum betroffen.
Der vierte Punkt unterstellt „einseitige Baumartenvorgaben“ in der Förderrichtlinie Wald- und Forstwirtschaft. Schon der Begriff „Vorgabe“ ist falsch. Es gibt keine Vorgaben, die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer sind bei der Baumartenauswahl frei. Aber nicht alles, was gepflanzt werden darf, wird auch gefördert. Hier setzt die Waldstrategie 2050 für den Freistaat Sachsen von Staatsminister Thomas Schmidt (CDU) einen Rahmen für die für den Waldumbau besonders geeigneten Baumarten. In der Waldstrategie wurde als Ziel festgelegt, dass eine ausgeglichene Verteilung von Nadel- und Laubbäumen erreicht werden soll. Ebenfalls festgelegt wurde darin die Schaffung naturnaher Wälder unter Verwendung eines hinreichenden Anteils standortsheimischer Baumarten. Dieser von der CDU gesetzte Rahmen wird vom Bündnisgrün geführten Ministerium respektiert und in der Förderrichtlinie beachtet. Denn es handelt sich um Steuergelder, die nicht nach Belieben, sondern entsprechend der vereinbarten und beschlossenen Ziele der Waldstrategie 2050 eingesetzt werden müssen.
Mit weiteren Forderungen (Stärkung des Kompetenzzentrums Wald- und Forstwirtschaft, Aufbau des Holzkompetenzzentrums, Achtung der Jagd und Hege etc.) stellen die Briefeschreiber Dinge dar, die bereits einvernehmlich umgesetzt und von keinem Koalitionspartner in Frage gestellt werden. Im Gesamtkontext des Schreibens entsteht allerdings der Eindruck, dass diese strittig seien und das muss zurückgewiesen werden.
Insgesamt atmet das Schreiben einseitige Unterstützung bei der Verfolgung wirtschaftlicher Interessen zu Lasten von Natur- und Umweltschutz – ohne sinnvollen und gebotenen Interessenausgleich. Ähnliche Schreiben erhielten auch die Landwirtschaftsbetriebe. So werden aber keine Probleme gelöst, das hilft den Forsten und Betrieben mittel- und langfristig gerade nicht. Denn ohne funktionierende Ökologie kann es gerade bei Land- und Forstwirtschaft keine stabile Ökonomie geben. Das haben die Krisen der letzten Jahre mehr als deutlich gezeigt.
Die Schreiben reihen sich ein in die fortgesetzte und unsachliche Diskreditierung des Bündnisgrünen Koalitionspartners, mit der Michael Kretschmer seit Monaten versucht, Stimmen zu gewinnen. Wenn Herr Kretschmer mit der Situation konfrontiert sein wird, nur noch mit BSW oder AfD eine Regierung bilden zu können, wird sich diese falsche Strategie gegen die CDU, gegen die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer und gegen Sachsen insgesamt richten.