Was bedeutet Ernährungssouveränität? Diese Frage stellte Frank Viohl von der Ökonauten eG aus Berlin gleich zu Beginn unserer Veranstaltung „Aus der Region auf den Tisch – Regionalität statt Lebensmittel vom anderen Ende der Welt“ im Chemnitzer Umweltzentrum. Die 50 Gäste kannten nicht nur die Bedeutung des Begriffes, sondern ließen keinen Zweifel daran, dass sie regional erzeugte Lebensmittel auf dem Tisch und im Kühlschrank sehen wollen.
Wie sie dahin kommen, zeigten die verschiedenen Projekte der eingeladenen Gäste. Karin Kramer vom Luisenhof aus Langenchursdorf stellt ihr Konzept der Solidarischen Landwirtschaft vor. Dabei kooperieren Verbraucher mit einem Bauernhof. Zwischen Erzeuger und Konsumenten wird eine Vereinbarung geschlossen. Der Hof ernährt die Menschen und alle teilen sich die Verantwortung, die Kosten und natürlich auch die Ernte. Dabei profitieren alle: Der Landwirt kann besser kalkulieren, denn die Abnahme seiner Produkte ist gesichert. Die Verbraucher bekommen gesunde Lebensmittel aus der Region, wissen wie diese produziert wurden und können bei gemeinsamen Arbeitseinsätzen vieles über den Anbau und die Verarbeitung von Lebensmitteln lernen.
Eher klassisch vermarktet Jens Hoffmann vom Wirtschaftshof “Sachsenland” Röhrsdorf/Wittgensdorf e.G. das Fleisch seiner Tiere. Der im Vergleich große Betrieb hatte bereits Anfang der 90er Jahre begonnen, direkt auf dem Hof zu schlachten, das Fleisch in einer eigenen Fleischerei zu verarbeiten und die Erzeugnisse über derzeit 5 Hofläden selbst an den Mann zu bringen. Damit wurden vor Ort Arbeitsplätze erhalten bzw. neue geschaffen. An Tagen des offenen Hofes und mittels Bildern und Videos im Internet zeigt Hoffmann, wie man in seinem Betrieb produziert. Die Kunden schätzen diese Offenheit. Das Beispiel zeigt: Wertschätzung schafft Wertschöpfung – darin waren sich unsere Gäste einig.
Zu denen gehörte auch Ralf Renner, Gründer der Food Assembly Chemnitz, einem Online-Einkaufsportal für regionale Lebensmittel. Wer über das Internet gekauft hat, kann sich die Waren jede Woche auf einem lokalen Markt abholen. Bauern und Lebensmittelhandwerker sind dort selbst anwesend, so dass sich Hersteller und Käufer die sprichwörtliche Hand geben können.
In der Diskussion, zur der auch zahlreiche Landwirte aus der Region gekommen waren, wurde eines deutlich: wirtschaftlicher Erfolg braucht innovative Ideen. Es reicht nicht aus, hochwertige Lebensmittel herzustellen, man muss sie dem Verbraucher auch „schmackhaft machen“. Einen ordentlichen Preis erzielt nur derjenige, der den Mehrwert seiner Erzeugnisse vermitteln kann. Welcher das ist, dazu gibt es so viele Antworten wie vorgestellte Betriebskonzepte. Doch so verschiedenen unsere Gäste an das Thema Regionalvermarktung auch herangehen, gefragt nach Wünschen und Forderungen an die Landespolitik herrschte Einigkeit. Viele Weichen für die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion werden anderswo gestellt, aber für die Sensibilisierung der Menschen in Bezug auf den Wert heimischer Produkte muss in Sachsen mehr getan werden. Dies beginnt mit gesundem Essen in Kindergärten und Schulen und hört bei Bildungsarbeit zum Thema im Unterricht noch lange nicht auf. (mh)