Eine wütende Bürgerin schrieb mir in einer Email, mit welchem Recht die “etablierten Parteien” verhindern wöllten, dass die AFD mitregieren dürfe. Die Wahl am 1. September sei keine Protestwahl gewesen, sondern der Wille des Volkes. Nun ist es aber so, dass der Teil des Volkes, der die AfD am meisten unterstützt, am stärksten unter AfD-Politik leiden würde. Sollte die AfD in Regierungsverantwortung kommen, könnten tiefgreifende Veränderungen in der Sozial-, Bildungs- Wirtschafts- und Steuerpolitik zum Nachteil vieler Menschen eintreten. Im Wahlprogramm der AfD finden sich kaum sozialpolitische Maßnahmen, jedoch viele Vorschläge zum Abbau von Leistungen. Dies könnte benachteiligte Gruppen hart treffen, da notwendige soziale Unterstützungsstrukturen nicht mehr gefördert und so sukzessive verschwinden würden. Hier einige Punkte, die aus den Positionen der AfD abgeleitet sind:
- Völkisches Familienbild: Die AfD setzt auf ein traditionelles Familienmodell, in dem Frauen hauptsächlich als Hausfrauen und Mütter agieren. Es wird ein Erziehungsgeld gefordert, das nur Müttern mit deutscher Staatsbürgerschaft zugutekommen soll. Diese Politik fördert die Benachteiligung von Alleinerziehenden und Familien, die nicht dem traditionellen Bild entsprechen, und könnte die gesellschaftliche Gleichstellung massiv zurückwerfen. Mehr dazu hier.
- Einschränkung der Rechte von Frauen: Die AfD plant, den Zugang zu Schwangerschaftskonfliktberatungen zu erschweren und Abtreibungen strenger zu regulieren, was die Rechte und Selbstbestimmung von Frauen weiter einschränken würde. Diese Position widerspricht modernen Prinzipien der Gleichstellung und reproduktiven Rechte. Im Europawahlprogramm der AfD 2024 wird sogar die Wiedereinführung des Abtreibungsverbots gefordert. Details im Faktencheck.
- Inklusion und Menschen mit Behinderungen: Die AfD steht Inklusionsmaßnahmen kritisch gegenüber und möchte die Pflicht für Arbeitgeber, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, abschaffen. Dies könnte zu einer weiteren gesellschaftlichen Ausgrenzung dieser Gruppe führen. Laut Studien zeigt Inklusion jedoch positive Effekte auf das Sozialverhalten und die Bildungschancen von Schüler:innen. Mehr zur Inklusionsdebatte.
- Bürgergeld und Sanktionen: Die AfD will das Bürgergeld in Sachsen stark kürzen, nur an deutsche Staatsbürger:innen auszahlen und Sanktionen verschärfen. Damit würde die soziale Absicherung für Arbeitslose noch weiter eingeschränkt und Menschen in Armut stärker unter Druck gesetzt werden. Dies könnte die soziale Ungleichheit weiter vergrößern, da bereits jetzt Bürgergeldempfänger:innen häufig unterhalb der Armutsgrenze leben. Eine Analyse dazu hier.
- Umweltpolitik und Klimawandel: Die AfD leugnet die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum menschgemachten Klimawandel und spricht sich gegen eine Reduktion von CO2-Emissionen aus. Dies würde nicht nur nationale Klimaziele untergraben, sondern auch die Risiken durch Extremwetterereignisse erhöhen, was sich langfristig negativ auf Lebensqualität, Wohnkosten und die Wirtschaft auswirken könnte. Mehr dazu im Faktencheck.
- Wirtschafts- und Steuerpolitik: Die AfD verspricht Steuersenkungen, von denen vor allem Wohlhabende und Großverdiener profitieren würden, während einkommensschwache Familien weniger profitieren. Zudem will die Partei Vermögens- und Erbschaftssteuern abschaffen, was die Ungleichheit weiter verstärken könnte. Details zur wirtschaftlichen Ausrichtung der AfD.
Diese Punkte verdeutlichen, dass eine Regierungsbeteiligung der AfD zu einer Verschärfung sozialer Ungleichheiten führen könnte. Umfassende Änderungen im Bildungs- und Sozialbereich sowie eine rückschrittliche Haltung gegenüber dem Klimaschutz könnten die Gesellschaft nachhaltig negativ beeinflussen.
Nun gibt es Stimmen, die dazu raten, die AfD doch mal in Regierungsverantwortung zu nehmen, damit sie sich entzaubert und Menschen wie die o.g. Email-Schreiberin die Folgen dieser Beteiligung zu spüren bekommen. Ich lehne solche Experimente ab. Als ehemaliger Sprecher für Landwirtschaft meiner Fraktion sage ich: Es lässt doch auch niemand einen Wolf auf die Weide, nur um die Schafe zu lehren, dass er nicht ihr Freund ist. Und ja, mein Schaf-Vergleich hinkt: Denn kein Schaf ist so dumm und wählt den Wolf.