Ich habe schon in der DDR nicht kooperiert

„Die AfD ist demokratisch gewählt und da müssen die anderen Parteien auch mit ihr zusammenarbeiten!“ Diese Meinung höre ich oft und muss mir anhören, dass ich undemokratisch sei, weil ich diese Zusammenarbeit ablehne. Diese Meinung gibt es auch unter Kommunalpolitiker:innen. In Gemeinderäten, Stadträten oder Kreistagen kommt es immer wieder zu einer inhaltlichen Zusammenarbeit mit der AfD – sei es durch aktive Unterstützung von Anträgen oder sogar durch gemeinsame Anträge mit der AfD. In Chemnitz stimmen beispielsweise die Stadträt:innen vom Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) Anträgen der AfD zu. Aktuell hat die BSW-Fraktion im Stadtrat Chemnitz gemeinsam mit Stadträt:innen der AfD eine Sondersitzung des Stadtrats zu den geplanten Kitaschließungen beantragt. Selbst im Sächsischen Landtag unterstützten Abgeordnete der BSW-Fraktion einen AfD-Antrag zur Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses. Dieses Vorgehen entspricht der politischen Vorgabe von Sarah Wagenknecht, die eine Zusammenarbeit mit der AfD bei Anliegen, die der eigenen Ansicht entsprechen, nicht ausschließt.

Für mich gibt es nach wie vor zentrale Argumente, die dagegen sprechen, mit der AfD – egal in welcher Form – inhaltlich zusammenzuarbeiten:

Bei allen politischen Unterschieden muß es einen gemeinsamen Grundkonsens von Demokratie, Menschenrechten und dem Schutz von Minderheiten geben. Mit der AfD gibt es diesen Konsens nicht. Es existiert daher für mich keine Grundlage, auf der ich mit der AfD inhaltlich kooperieren könnte. Schon wegen ihrer rechtspopulistischen, teils rechtsextremen Positionen und der Nähe einiger Mitglieder zu rechtsextremen und fremdenfeindlichen Ansichten sehe ich mich außerstande, dies auszublenden und in lokalen Angelegenheiten mit der AfD inhaltlich zusammenzuarbeiten. Diese klare Distanz halte ich auch für notwendig, um zu zeigen, dass ich antidemokratische, menschenverachtende oder verfassungsfeindliche Tendenzen weder direkt noch indirekt unterstütze. Ich will nicht, dass eine Zusammenarbeit in der Sache als Tolerierung solcher Positionen wahrgenommen würde. Denn politische Zusammenarbeit signalisiert immer eine gewisse Nähe und Anerkennung des jeweiligen Partners. Gemeinsame Anträge mit der AfD würden folgerichtig als ein Signal verstanden werden, dass ich diese als eine ganz normale Partei akzeptiere. Für viele Menschen wäre das ein weiterer Beleg dafür, dass die AfD und ihre Ansichten eigentlich akzeptabel sind, was weiter zur Normalisierung ihrer extremen Positionen führen würde.

Ich halte es für meine demokratische Pflicht, klare Grenzen zu ziehen und nicht aus taktischen Gründen Anträge einer Partei zu unterstützen, deren Ideologie mit den Werten einer offenen und freien Gesellschaft nicht vereinbar ist. Während Sarah Wagenknecht eine grundsätzliche Ablehnung von Anträgen der AfD als schädlich für die Demokratie einschätzt, halte ich eine zunehmende inhaltliche Kooperationen mit der AfD für demokratiegefährdend. Denn sie stärken die AfD und machen sie politisch anschluss- und handlungsfähig, was zu einer weiteren Verschiebung in Richtung autoritärer Politik führt. Die Zusammenarbeit mit Parteien, die extremistische oder rechtspopulistische Positionen vertreten, bleibt auch nicht ohne Folgen. Das verändert die politische Landschaft und senkt die Akzeptanz für eine plurale Gesellschaft. Die bereits erfolgte systematische Verschiebung des Diskurses lässt inzwischen Positionen als normal und von der Mehrheit gewollt erscheinen, die noch vor ein paar Jahren nicht mehrheitsfähig waren. Bereits jetzt ist ein Prozess eingetreten, bei dem sich demokratische Parteien an solche Positionen anpassen, um politisch konkurrenzfähig zu bleiben.

Meine ablehnende Haltung bezieht sich auf inhaltliche Zusammenarbeit, nicht auf formale Anträge zur Geschäftsordnung. Ein Beispiel: Selbstverständlich lehne ich einen Antrag auf namentliche Abstimmung nicht ab, denn mein Abstimmverhalten ist öffentlich. Zusammengefasst spricht für mich sehr viel dafür, die inhaltliche Zusammenarbeit mit der AfD weiter zu vermeiden. Niemand kann mich zur Zusammenarbeit mit einer Partei zwingen. Ich habe schon in der DDR nicht kooperiert. Diese politische Abgrenzung ist für mich nicht nur Selbstschutz, sondern folgt vielmehr der notwendigen Verteidigung demokratischer Grundwerte. Auch wenn meine konsequente Haltung dazu führt, gelegentlich selbst vernünftig klingende Anträge der AfD abzulehnen, bedeutet dies für mich keine Ablehnung von sinnvollen Anliegen, sondern eine strategische Entscheidung, um der bereits stattfindenden Normalisierung und Stärkung extrem rechter Positionen entgegenzuwirken.

Nach oben Skip to content