Transplantationsausführungsgesetz: Transplantationsbeauftragte müssen in allen Einrichtungen benannt werden, in denen eine Organspende räumlich und personell möglich ist

 

Rede zur 2. Beratung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung ‚Gesetz zur Änderung des Sächsischen Transplantationsausführungsgesetzes‘ (Drs 6/10735) in der 70. Sitzung des Sächsischen Landtags am Mittwoch, 25. April, TOP 2

 

– Es gilt das gesprochene Wort –

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

Sie kennen das vielleicht: Der Verkehr stockt. Ein Stau bildet sich. Hektisch schauen wir in den Terminkalender, prüfen Umgehungsstrecken. Die Konsequenzen der Terminverzögerung gehen uns durch den Kopf. Wenn sich der Krankenwagen durch die Rettungsgasse hupt, verlassen wir kurz die eitle Beschäftigung mit uns selbst. Was wird geschehen sein? Doch schnell ist das vergessen, wenn der Verkehr wieder rollt. Unser Leben eilt mit uns weiter in den nächsten Termin.

 

  • Möglicherweise bleibt für die Angehörigen des Unfallopfers gerade die Zeit stehen.
  • Möglicherweise sind für sie eben noch dringende Termine mit einem Schlag nicht mehr relevant.
  • Möglicherweise bricht für sie alles zusammen und sie stehen vor den schwierigsten Entscheidungen ihres Lebens.
  • Und möglicherweise birgt diese schreckliche Situation Hoffnung für einen anderen Schwerkranken oder Verletzten.

Meine Damen und Herren,

der vorliegende Gesetzentwurf rückt ins Blickfeld, was wir in unserem Alltag verdrängen. Bei schweren Erkrankungen und dramatischen Unfällen hängt oft das Überleben davon ab, ob ein Spenderorgan gefunden werden kann. Jede und jeden von uns kann das treffen. An jedem Tag. Ein Ergebnis unserer Verdrängung ist die rückläufige Zahl der Organspenden. Auch der durch die Skandale eingetretene Vertrauensverlust ist noch nicht überwunden.

Deswegen sind Transplantationsbeauftrage enorm wichtig, um potentielle Organspender zu erkennen, Organspenden zu fördern und zu koordinieren. Sie schaffen das notwendige Vertrauen, wenn es darum geht, den mutmaßlichen Willen festzustellen. Denn die Angehörigen müssen sich mit ihrer Entscheidung für oder gegen eine Spende dann ja auch dauerhaft sicher fühlen. Angehörigen darauf vorzubereiten, dass ein irreversibler Ausfall des Gehirns eintritt, erfordert äußerst intensive und schwierige Gespräche.

Transplantationsbeauftragte müssen auch ihre Kollegen beraten, gerade wenn es um sichere Diagnostik geht. Sie sorgen für schnelle, harmonische Abläufe – auch davon hängt Überleben ab.

Wir unterstützen es ausdrücklich, wenn Transplantationsbeauftragte in allen Einrichtungen benannt werden, in denen eine Organspende räumlich und personell möglich ist. Die Transplantationsbeauftragten müssen deutlich gestärkt werden. Sie müssen ausreichend Zeit und Freiraum für ihre wichtige Arbeit und Weiterbildung haben.

Ich hätte mir gewünscht, das die Freistellung verbindlicher im Ausführungsgesetz geregelt wird. Im vorliegenden Gesetzentwurf bleibt der Umfang im Bereich von Richtwerten. In den Entnahmekrankenhäusern müssen guter Wille und Rahmenbedingungen vorhanden sein, Transplantationsbeauftragte so weit freizustellen, wie es zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Was nützt eine gesetzlich gefordert Freistellung, wenn sie in der Praxis gar nicht realisiert und finanziert werden kann.

Meine Damen und Herren,

wir dürfen die Verantwortung aber nicht allein auf Transplantationsbeauftragte und Entnahmekrankenhäuser abschieben. In den USA wird zu Beispiel jeder, der einen Führerschein beantragt, automatisch nach der Spendenbereitschaft gefragt. Das können wir hier im Landesrecht zwar nicht regeln. Und auch die Diskussion um die Widerspruchslösung gehört auf die Ebene des Bundesgesetzgebers. Doch der Umgang mit und die Einstellung zu Organspenden ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. Es geht uns alle an. Wir müssen alle etwas dafür tun, damit mehr Menschen überleben können.

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