Redebeitrag des Abgeordneten Volkmar Zschocke zum Prioritätenantrag der Fraktion DIE LINKE
„Sozialstaat garantieren: Existenzsichernde Einkommen für alle – Armut wirksam bekämpfen!“ (Drs 6/18048) 95. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags, 4. Juli, TOP 3Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
der Antrag der LINKEN macht vor allem bundespolitische Forderungen auf, die wir im Kern teilen. Löhne müssen zum Leben reichen, alle Menschen – ob arbeitslos oder im Ruhestand – brauchen eine gesicherte Existenz und es ist eine Schande, dass ein Fünftel aller Kinder als arm gelten – in einem so reichen Land wie Deutschland.
Wir GRÜNEN im Bundestag kämpfen deshalb:
· für die Erhöhung des Mindestlohns,
· gegen Hartz IV-Sanktionen,
· für eine Garantiesicherung – deutlich über dem Existenzminimum,
· für eine Grundsicherung aller Kinder;
· für solides und solidarisches Rentensystem.
Wir haben allerdings in einigen der Punkte eine andere Herangehensweise als die LINKEN. Eine konkrete Summe für die Erhöhung des Mindestlohns sollte aus unserer Sicht die Mindestlohnkommission festlegen, nicht der Gesetzgeber. Wir wollen einen monatlichen Garantiebetrag pro Kind einführen, der nach dem Alter gestaffelt von 364 Euro auf 503 Euro ansteigt. Darin sollen auch die bisherigen Leistungen aufgehen, was viel Aufwand und Bürokratie erspart.
Wir fordern die Abschaffung der Sanktionen und eine existenzsichernde Grundsicherung. Die GRÜNE-Garantiesicherung hat ein anderes Konzept als die Mindestsicherung LINKEN. Nichtsdestotrotz muss natürlich der Regelsatz spürbar erhöht werden, sowie eine Garantierente für Menschen im Alter eingeführt werden. Konzeptionell baut sich aber auch da die GRÜNE-Garantierente ganz anders auf, als die solidarische Mindestrente der Linken.
Einige der Forderungen auf Landesebene, wie die Ausweitung des Landesfamilienpasses unterstützen wir, denn das ist eine sehr konkrete Möglichkeit, Kindern in ihrer Freizeit den Zugang zu Kultur und Bildung zu ermöglichen. Die Förderung allerdings an der Anzahl der Kinder festzumachen, greift deutlich zu kurz. Alle Familien, die sich den Eintritt nicht leisten können, sollten von den Vergünstigungen des Familienpasses profitieren – zum Beispiel auch Alleinerziehende mit einem Kind.
Der öffentliche Nahverkehr in Sachsen muss für alle bezahlbar sein. Die Ticketpreise für Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Freiwilligendienstleistende wollen wir senken und zunächst ein sachsenweites 365-Euro-Jahresticket für alle Menschen in Ausbildung einführen. Sozialhilfe- bzw. ALG II-Empfängerinnen und Empfänger sollen den ÖPNV kostenlos nutzen können.
Einem Landespflegegeld stimmen wir in dieser Form nicht zu. Es löst unserer Auffassung nach die großen Probleme in Sachsen nicht, wie den Mangel an Pflegepersonal, unzureichende Pflegeschlüssel in Heimen, zu wenig Kurzzeitpflegeplätzen und hohe Pflegekosten. Die Einführung eines solchen Pflegegeldes in Bayern kostet 400 Millionen Euro, die Beantragung ist bürokratisch und kommt für die Pflegenden häufig zu spät. Das Versprechen der LINKEN ein >>angemessenes Landespflegegeld<< einzuführen bleibt vage und erscheint nicht durchgerechnet. Auch der Mietendeckel wird rechtlich nicht so einfach durchzusetzen sein, wie es der Antrag der LINKEN suggeriert.
Viel Geld allein hilft nicht immer viel. Und daran werden auch gewisse Unterschiede im Sozialstaatsverständnis von uns und der LINKEN sichtbar. Das wird auch in diesem Antrag deutlich. Armut wirksam zu bekämpfen bedeutet für uns nicht, allein nur Sozialleistungen auszubauen! Unser Ziel ist es, dass alle Menschen selbstbestimmt an der Gesellschaft teilhaben können und niemand ausgegrenzt wird. Um Armut und Ungleichheit in Deutschland zu reduzieren sowie geringe und mittlere Einkommen, vor allem Familien, zu entlasten, ist ein umfassendes Programm notwendig. Deshalb wollen wir nicht nur in die sozialen Sicherungssysteme investieren, sondern in eine Infrastruktur, die Bildung, Zugänge zum Arbeitsmarkt, gute Arbeit, Wohnen und Gesundheit für alle ermöglicht. Wir wollen Menschen in Armut nicht nur staatlich gut ‚versorgen‘. Damit das gelingt, wollen wir beispielsweise ein Kompetenzzentrum zur Unterstützung von Alleinerziehenden in Sachsen gründen, in dem sie genau die Hilfe bekommen die sie brauchen.
Der Antrag der LINKEN verfolgt richtige Ziele, aber einen anderen Weg. Deshalb werden wir uns enthalten.