Schuldner- und Insolvenzberatung verzahnen – Zschocke: Finanzierungsfrage darf sich nicht zu einem Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Land und Kommunen entwickeln

Rede des Abgeordneten Volkmar Zschocke (GRÜNE) zum Antrag der Fraktionen CDU und SPD: ‚Verzahnung der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung‘ (Drs. 6/8568) zur 50. Sitzung des Sächsischen Landtags, 15. März, TOP 6

 

– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

die Zusammenführung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung ist sinnvoll und längst überfällig. Beide Angebote lassen sich kaum voneinander trennen. Insolvenzberatung ist oft ein Mittel im Prozess einer Schuldnerberatung. Die Zusammenführung schafft hilfreiche Synergien, denn die Beratungen sind im Zuge der Insolvenzrechtsreform zeitaufwendiger geworden. Und es wird für die Betroffenen einfacher. Es kann sehr belastend sein, erst bei der Schuldnerberatung die Folgen von gescheiterter Ehe, schwerer Krankheit, Arbeitsplatzverlust oder Spielsucht auf den Tisch zu legen und dann das Ganze noch mal bei der Verbraucherinsolvenzberatung. Ein ganzheitlicher Beratungsprozess aus einer Hand ist ein gutes Ziel. Deshalb werden wir den Antrag der Koalition wegen seiner Zielstellung unterstützen.

Trotzdem komme ich nicht umhin, die inhaltliche Ausgestaltung dieses Antrages zu hinterfragen: Warum verzichten Sie völlig darauf, der Staatsregierung eigene Vorstellungen vom ‚WIE‘ dieser Zusammenführung mit auf den Weg zu gehen? Regieren heißt doch, Prozesse gestalten, eigene Lösungen entwickeln, und nicht nur das nachzuvollziehen, was die Staatsverwaltung vorlegt!

Sie beziehen sich ja sogar auf einen bereits erfolgten Prozess: In Bayern hat der Landtag schon 2011 die Zusammenführung der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung unter dem Dach der Kommunen beschlossen. Es gibt konkrete Erfahrungen zu dieser Zusammenführung. Auch Finanzierungsprobleme sind offenkundig geworden. All das wird in Ihrem Antrag nicht berücksichtigt.

Irritierend für mich ist auch, dass Sie in der Überschrift Ihres Antrags von einer ‚Verzahnung‘ sprechen, wo doch längst erkennbar ist, dass an einer Zusammenführung der Beratung kein Weg vorbei führt.

Ich verstehe auch nicht, warum Sie im Zuge der Erarbeitung einer Konzeption nicht auch gleich die aktuelle Förderpraxis auf den Prüfstand zu stellen. Interessenbekundungsverfahren aller drei Jahre erzeugen einen erheblichen Druck auf die Träger von Beratungsstellen. Um gute Qualität zu entwickeln braucht es verlässliche Förderung. Eine Festbetragsfinanzierung ermöglicht z. B. keine Tarifanpassungen oder führt zu Stellenkürzungen bei Tarifanpassungen. Auch der Sachkostenanteil pro Beratungseinheit wäre vor dem Hintergrund steigender Betriebskosten zu überprüfen.

Statt Nägel mit Köpfen zu machen, wollen Sie hier vor allem sozialpolitische Aktivität simulieren. Ihr konkretes Handeln beschränken Sie auf ein unambitioniertes Ersuchen an die Staatsregierung – ohne jegliche inhaltliche Vorgabe. Offenbar ist die Arbeit in dieser Koalition so zum Stillstand gekommen, das da einfach nicht mehr an Bewegung möglich ist.

Das kann sich aber zu einem Problem entwickeln: Im Falle einer Delegation der bisher staatlichen Förderung der Verbraucherinsolvenzberatung an die Kommunen muss dann nämlich auch sichergestellt werden, dass diesen die Kosten erstattet werden. Da muss Vorsorge im Landeshaushalt getroffen werden. Die Kommunen werden es nicht akzeptieren, wenn sie im Ergebnis einer Zusammenführung die in Verantwortung des Landes liegende Aufgaben quer finanzieren müssen.

Deshalb reicht eine Willensbekundung durch den Landtag nicht. Ich denke vom Ergebnis her: Die Träger der zusammengeführten Beratungsstellen müssen am Ende in der Lage sein, die Aufgaben stabil, professionell und in hoher Qualität zu erfüllen. Damit Verbraucherinsolvenzberatung gelingt, sind eben bestimmte Leistungsinhalte, Verfahrensabläufe und Mindeststandards unabdingbar.

An dieser Stelle ist Bayern kein gutes Beispiel: Die dortige CSU verhindert bislang eine angemessene Ausstattung der gemeinsamen Beratungsstellen. Wenn am Ende die Kommunen mit dieser Verantwortung alleine bleiben, geht Ihr Antrag in seiner Zielsetzung nach hinten los.

Meine Damen und Herren, ihr Antrag weicht vielen notwendigen Klärungsbedarfen aus. Unsere Zustimmung bedeutet nicht, dass wir das akzeptieren. Wir erwarten Klarheit über den weiteren Prozess. Insbesondere die Finanzierungsfrage darf sich nicht zu einem Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Land und Kommunen entwickeln.

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