Volkmar Zschocke: Auf Landesebene hat sich kaum etwas im Sinne der Seniorenmitwirkung verbessert
– Es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
die Mitwirkungsrechte von Senioren und Seniorinnen beschäftigen uns in den letzten Jahren immer wieder – im Landtag, bei Podiumsdiskussionen des DGB und auf zahlreichen Veranstaltungen der Landesseniorenvertretung. Auch unsere Fraktion hat sich mit dem Thema intensiv befasst – bereits 2008 mit einem Antrag und zuletzt 2013 mit einem umfangreichen Positionspapier.
Das Thema ist aktuell, denn auf Landesebene hat sich kaum etwas im Sinne der Seniorenmitwirkung verbessert. Und das, obwohl es bereits verschiedene Vertretungsstrukturen gibt. Die Probleme sind vielseitig:
- Es gibt ein Demokratiedefizit: Der Landesseniorenbeauftragte wird vom Sozialministerium bestimmt, der Landesseniorenbeirat in seiner Zusammensetzung ebenso. Die vorhandenen Strukturen sind – abgesehen von der Landesseniorenvertretung – unzureichend demokratisch legitimiert.
- Es gibt wenig Transparenz in der Arbeit: Der Landesseniorenbeirat tagt nicht öffentlich, die Sitzungen werden nicht protokolliert, die Tagesordnung ist nicht einsehbar.
- Die Zusammenarbeit der Strukturen wird bislang ausschließlich vom Sozialministerium bestimmt. Das funktioniert eben nur so gut, wie das Sozialministerium Senioren überhaupt beteiligen will.
Diese Probleme wurden von den Sachverständigen in der Anhörung zum Gesetzentwurf angesprochen. Sie sahen die Notwendigkeit für mehr Mitbestimmung. Entscheidend ist nun, wie das gelingen kann. Und da bestehen Zweifel, ob der Gesetzentwurf der LINKEN dies in der vorgelegten Form leistet. Nach Ansicht der Sachverständigen werden mit dem Entwurf Doppelstrukturen geschaffen. Es fehle auch weiterhin an einer klaren Aufgabenabgrenzung der Srukturen. Einige Hinweise aus der Anhörung wurden zwar im Änderungsantrag aufgenommen, doch viele Bedenken sind nicht ausgeräumt.
Wir GRÜNE wollen verbindliche Möglichkeiten für ältere Menschen schaffen, ihre Interessen politisch zu vertreten. Voraussetzung dafür ist, dass die Entscheidungs- und Mitwirkungsrechte auf Landesebene klar definiert sind. Mit einem Vorschlagsrecht und einer Anhörungspflicht wollen wir dem Landesseniorenbeirat mehr Gewicht geben. Bei der Ablehnung von Vorschlägen soll eine Stellungnahme durch das Sozialministerium verpflichtend werden.
Die Erfahrung aus anderen Bundesländern zeigt: ein Gesetz allein schafft noch nicht mehr Mitwirkung. Vielmehr kommt es darauf an, dass die bereits jetzt Aktiven auch wirksam mitbestimmen können. Scheinbeteiligung demotiviert.
An dieser Stelle möchte ich an die Sozialministerin appellieren. Ein Anfang wäre gemacht, wenn Sie den Landesseniorenbeirat arbeitsfähig machen. Das liegt in ihrer Hand, denn das regelt eine Verwaltungsvorschrift.
Und noch ein Satz an die Koalition: Sie haben im Koalitionsvertrag vereinbart, die Seniorenmitwirkung in den Kreisen und Städten zu stärken. Sie wollen prüfen, ob ein Seniorenmitwirkungsgesetz erstellt werden soll. Mit dem Gesetzentwurf der LINKEN ist ein erster, noch nicht mehrheitsfähiger Aufschlag gemacht. Ich bin gespannt, wie Sie sich dem Anliegen nun weiter annehmen. Der Ball liegt klar bei Ihnen.
Redebeitrag des Abgeordneten Volkmar Zschocke zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE:
“Gesetz zur Stärkung der Mitwirkung, Mitbestimmung und Interessenvertretung von Seniorinnen und Senioren im Freistaat Sachsen” (Drs 6/3471)
36. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags, 22. Juni 2016, TOP 3