Pflegeberufegesetz – Zschocke: Sachsen ist eines der letzten Bundesländer, das die Umsetzung des Bundesgesetz vollzieht

Redebausteine des Abgeordneten Volkmar Zschocke zum Gesetzentwurf der Fraktionen CDU und SPD:
“Gesetz zur Ausführung des Pflegeberufegesetzes im Freistaat Sachsen (Sächsisches Pflegeberufe-Ausführungsgesetz – SächsPflBAusfG)”, Drs 6/16689

92. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags, Donnerstag, 23. Mai, TOP 23

Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Auswirkungen der Ausbildungsreform im Pflegebereich werden erheblich sein. Deshalb habe ich bereits im Oktober letzten Jahres mehrere Kleine Anfragen zu Rahmenbedingungen, Organisation und Finanzierung der künftigen Pflegeausbildung in Sachsen gestellt. Beim Lesen der Antworten bin ich erschrocken, wie wenig die Staatsregierung zu diesem Zeitpunkt auf die Reform vorbereitet war.

Denn sowohl die Pflegeeinrichtungen als auch die Pflegeschulen müssen ja wissen, was auf sie zukommt. Sie sind vor die Herausforderung gestellt, die beachtliche Komplexität der generalistischen Ausbildung zu bewältigen und höher qualifiziertes Personal zu gewinnen oder selbst zu qualifizieren. Ich habe von einigen Pflegeeinrichtungen schon damals gehört, dass sie von der Ausbildung zurücktreten, sollte nicht bald Klarheit über die Umsetzung hergestellt werden. Statt der mit der ‘Ausbildungsoffensive Pflege’ angestrebten zehnprozentigen Steigerung der Ausbildungsplätze droht nun vielmehr eine Verringerung der Ausbildungsplätze.

Die Sachverständigen in der Anhörung waren überwiegend kritisch und haben sich mehr von dem Gesetzentwurf erhofft. Auch wir sehen, dass mit dieser Gesetzesinitiative nur das absolute Minimum von dem geregelt wird, was die Umsetzung des Pflegeberufegesetzes erfordert.

Sachsen ist eines der letzten Bundesländer, das diesen Schritt nun vollzieht. Dieser Zeitverzug hat die großen Verunsicherungen bei den Trägern von Pflegediensten und Pflege-Ausbildungsstätten in Sachsen zusätzlich verstärkt. Deshalb sind wir pragmatisch und stimmen diesem unambitionierten Gesetz zu, damit schnell Rechtsklarheit geschaffen wird. Es muss verhindert werden, dass sich weitere Ausbildungsträger zurückziehen. Ein reibungsloser Start der neuen Pflegeausbildung zum 1. August 2020 muss jetzt Priorität haben.

Viele Unklarheiten bleiben dennoch bestehen. Die Koalition hat in den Beratungen in den Ausschüssen zugesagt, dass Pflegeschulen nicht auf den Ausbildungskosten sitzen bleiben. Wir erwarten, dass dieses Versprechen eingelöst wird. Die Ausbildungsstätten sind überwiegend freie Schulen. Die sind darauf angewiesen, das Schulgeld vollumfänglich und ohne bürokratische Hürden zurückerstattet zu bekommen. Allein Mittel im Haushalt einzustellen reicht noch nicht, das Geld muss auch vor Ort ankommen.

Notwendig ist die Verstärkung der personellen und sächlichen Ressourcen im Ministerium. Die Verordnungen müssen ausgestaltet werden, die Ausbildungsbeteiligten brauchen Unterstützung bei der Erstellung der notwendigen Vertragswerke und Kooperationsverträge. Eine Geschäftsstelle in Umsetzung der Schiedsstellenverordnung muss eingerichtet werden.

Notwendig sind auch Anschubfinanzierung für Pflegeeinrichtungen und für Pflegeschulen, um sie zur Aufnahme der neuen, herausfordernden Ausbildung ermutigen. Und die Miet- und Investitionskosten für Schulen in freier Trägerschaft müssen abgesichert werden.

Ungeklärt ist zudem, wie die Praxiseinsätze in der Pädiatrie und Psychiatrie sichergestellt werden sollen. Eine große Baustelle bleibt auch das Thema berufsbegleitende Ausbildung. Wir brauchen künftig dringend jede Fachkraft in der Pflege. Deshalb müssen auch Quereinsteigerinnen und -einsteiger sowie qualifizierungswillige Beschäftigte adäquat gefördert und unkompliziert zu einem Abschluss geführt werden.

Einige Punkte greift der Entschließungsantrag der Koalition auf. Dem stimmen wir zu, obwohl ein Änderungsantrag zum Gesetz sehr viel verbindlicher gewesen wäre. Sie belassen es bei wenigen redaktionellen Klarstellungen.

Zum Änderungsantrag der LINKEN:

Dieser greift wichtige Anliegen aus der Anhörung auf und verfolgt Ziele, die wir unterstützen. Die Kurzfristigkeit der Erarbeitung und Vorlage hier im Plenum hat nicht die Linksfraktion zu verantworten, sondern ausschließlich die Koalition, die diesen seit Langem notwendigen Gesetzentwurf bis ins vorletzte Plenum dieser Legislatur verschleppt hat. Dennoch stellt uns die Kurzfristigkeit vor das Problem, dass wir nicht mehr hinreichend prüfen können, inwiefern die von den LINKEN vorgeschlagenen Änderungen tatsächlich auch praktisch vollziehbar sind.

Die Antragstellerin will mit § 7 die Zuschüsse für Aufwendungen der Pflegeschulen für Miete, Pacht, Erbbauzins, Grundstücken und Gebäuden sowie Investitionskosten außerhalb des Ausgleichsfonds. Mir stellt sich hier die Frage, ob die finanzielle Unterstützung der Pflegeschulen nicht im Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft klar und rechtsverbindlich geregelt werden muss und nicht über eine Rechtsverordnung des Sozialministeriums.

Mit § 3 Abs. 2 wollen die LINKEN eine Ombudsstelle zur Beilegung von Streitigkeiten bei der Rentenversicherung einrichten. Die Ombudstelle ist laut Bundesgesetz eine Kann-Formulierung. Wir unterstützen natürlich die Einrichtung einer solchen Stelle. Allerdings stellt sich hier die Frage, ob der Landesgesetzgeber in Sachsen ohne Zustimmung der Rentenversicherung bei dieser eine Ombudstelle ansiedeln kann. Ohne Klarheit darüber zu haben, dass diese Regelung am Ende auch funktioniert, fällt es schwer, zuzustimmen. Deshalb werden wir uns enthalten.

Ich muss es aber noch mal deutlich sagen: Der Umstand, dass die Opposition gezwungen ist, mit heißer Nadel noch zu retten, was zu retten ist, hat allein die Koalition zu verantworten. Schon der Umstand, wie all diese bis in die letzte Minute verschleppten Gesetzentwürfe hier jetzt durch die verbleibenden Anhörungstermine und Plenartage gepeitscht werden, hat mit einem geordneten Gesetzgebungsverfahren nur noch wenig zu tun.

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