Rede zum Antrag der Fraktion LINKE: „Medizinische, ärztliche und gesundheitliche Versorgung im ländlichen Raum Sachsens spürbar ausbauen“ (Drs. 6/11275) zur 74. Sitzung des Sächsischen Landtags am 27. Juni, TOP 13
– Es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
das Thema medizinische Versorgung bleibt hochaktuell, vor allem im ländlichen Raum, wo der Ärztemangel immer akuter wird. Der Wettbewerb um Lösungen wird mit ähnlichen Überschriften geführt. Aber entscheidend ist, ob getroffene Maßnahmen Wirkung entfalten und was darüber hinaus notwendig ist.
Ende letzten Jahres wurde hier ein Koalitions-Antrag beschlossen, der die medizinische Versorgung stärken soll. Der Bericht der Staatsregierung dazu enthält viel – aber keine Gesamtstrategie. Für den Bericht wurden andere Ministerien und die Verantwortungsträger im Gesundheitsbereich angeschrieben. Es folgt eine Auflistung von ganz verschiedenen Maßnahmen, die zum Teil über Jahre laufen – ohne deren Wirksamkeit einzuordnen. Das passiert, weil die Koalition sich ja bereits im Antrag mit einer Bestandsaufnahme zufrieden gegeben hat, statt kritisch zu prüfen, was Erfolge bewirkt und was nicht.
Der Antrag der LINKEN fordert die Staatsregierung nun auf, alle Verantwortungsträger an einen Tisch holen und beginnen zu steuern. Auch wir GRÜNEN wollen, dass das Land seine Steuerungsmöglichkeiten besser nutzt. Doch die im Antrag geforderten Kooperationsstrukturen auf Landesebene garantieren noch keine bessere Versorgung. Das Landesgremium nach §90a ist eine solche Kooperationsstruktur. Seine Empfehlungen müssen nur größere Verbindlichkeit erhalten. Den Krankenkassen kann beispielsweise in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Regionen die Ausschreibung von integrierten und indikationsübergreifenden Versorgungsverträge vorgeben werden.
Die von der Antragstellerin geforderte landesweite Rahmenbedarfsplanung ist sinnvoll, darf aber nicht der einzige Schritt bleiben. Sachsen braucht mehr Anreize für eine sektorübergreifende Versorgung. Ohne gemeinsame Finanzierung von ambulantem und stationärem Sektor durch Überwindung der getrennten Budgets wird es nicht zu einer sektorübergreifenden Versorgung kommen. Wir GRÜNEN setzen uns zudem dafür ein, dass die Kommunen und Regionen mehr Einfluss auf die Versorgung bekommen, um die Vernetzung aller Akteure voranzutreiben. Unsere Idee der „Gesundheitsregionen“ soll ein Gesundheitsnetz ermöglichen, in dem sich interessierte Kommunen, Krankenkassen, Gesundheitseinrichtungen und Ärztevertretungen zusammenschließen.
Die Stellungnahme der Staatsregierung auf den Antrag der Linken sind der x-te Aufguss der Abwehr-Argumentation nach dem Prinzip „Wir-machen-das-schon“ und „Das-brauch-wir-nicht“. Der Aufbau institutionalisierter Kooperationsstrukturen wird als unzulässige „Verstaatlichung“ gebrandmarkt und stattdessen die Selbstverwaltung hoch gehalten. Dieser konstruierte Gegensatz ist falsch. Natürlich gibt es institutionalisierte Kooperationsstrukturen, in denen das Land als staatlicher Akteur und die Selbstverwaltung gemeinsam Entscheidungen treffen – zum Beispiel das besagte Landesgremium nach §90a SGB V. Außerdem sitzen die Länder bei den Beratungen des G-BA zur Bedarfsplanung mit am Tisch. Die Länder haben weitreichende Befugnisse gegenüber der Selbstverwaltung auf Landesebene. Sie können beispielsweise der Bedarfsplanung widersprechen oder Beschlüsse der Landesausschüsse beanstanden. Hätte die Landesregierung einen Gestaltungsanspruch, würde sie diese Möglichkeiten nutzen.
Die CDU hat im April ein Positionspapier veröffentlicht, dass den Anspruch erhebt, die medizinische und ärztliche Versorgung flächendeckend sicherzustellen. Die Patientinnen und Patienten wollen solche Worthülsen nicht mehr hören. Sie wollen einen erreichbaren Hausarzt, einen zeitnahen Termin beim Facharzt, sie wollen im Notfall die fachlich beste Versorgung. Sie wollen auf ein zuverlässiges und leistungsfähiges Gesundheitswesen vertrauen können – egal wo sie wohnen. Und dafür müssen Staatsregierung und Landtag Verantwortung übernehmen. Deshalb unterstützen wir den Antrag der Linken.