Wenn ich Oberbürgermeister werde, erbe ich auch Lärmschutzprobleme in Chemnitz, die die bisherige Stadtspitze nicht oder nur unzureichend gelöst hat. Nachfolgend will ich die falsche Entwicklung in Erinnerung rufen, aber dennoch konstruktive Vorschläge zur Lösung machen.
Das Lärm-Erbe wiegt für mich besonders schwer, weil die heute von den Anwohnerinnen und Anwohner der B174 und des Südverbundes beklagte Verlärmung die erwartbare und auch vorausgesagte Folge von Straßenneubauvorhaben sind, gegen die wir BÜNDNISGRÜNEN gemeinsam mit Bürgerinitiativen über Jahrzehnte gekämpft haben.
So ist zum Beispiel die von uns favorisierte stadtferne Anbindung des Südverbundes bereits in den Neunzigern von der Mehrheit der Stadtbevölkerung abgelehnt worden. Bei den Kommunalwahlen wurden – auch und gerade in den betroffenen Stadtteilen Adelsberg, Kleinolbersdorf-Altenhain oder Reichenhain – die Parteien gewählt, die sich für die stadtnahe Anbindung an die B174 und damit für die gnadenlose Zerschneidung von Wohnquartieren durch vierspurige Asphaltschneisen ausgesprochen haben. Es ist schon immer klar gewesen, dass massiver Straßenbau massiven Verkehr nach sich zieht.
Nachdem sich also demokratisch von den Chemnitzerinnen und Chemnitzern gewählte Stadtratsmehrheiten genau für diese wohngebietsnahe Führung der neuen Magistralen ausgesprochen haben, macht es wenig Sinn, mit dem Finger auf Land und Bund zu zeigen, wenn diese die Straßenbauvorhaben, wie mit Chemnitz abgestimmt, dann auch bauen.
Auch der Südverbundweiterbau Richtung Osten lässt sich nicht mehr aufhalten. Viele Anwohnerinnen und Anwohner anderer Stadtteile, Handwerker und die Wirtschaftsverbände fordern seit Jahrzehnten eine Ableitung des Verkehrs der von Osten auf das Stadtzentrum zulaufenden Bundesstraßen B 169 und B 173, um die innerstädtischen Straßen vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Spätestens mit der beschlossenen unsensiblen Zerschneidung der Ortslage Adelsberg und der Anbindung der Eubaer Straße gegen die letzten Widerstände vor Ort haben wir GRÜNEN den Kampf verloren. Es ist auch keine kommunale Straße, sondern ein Vorhaben des Bundes, was sich bereits in der Planfeststellung befindet.
Nichtsdestotrotz werde ich als Oberbürgermeister alle politischen und rechtlichen Möglichkeiten ausnutzen, um die Anwohnerinnen und Anwohner vor übermäßigem Lärm und Emissionen zu schützen. Ich scheue da auch die gerichtliche Auseinandersetzung nicht.
Folgende Handlungsmöglichkeiten sehe ich auf den verschiedenen Ebenen:
Europäische Ebene
- im Zuge des Ringschlusses des Prager Autobahnrings auf eine konsequente Ableitung des internationalen Transitverkehrs auf die E55/A17 drängen
- im Hinblick auf die geplante Eisenbahn-Neubaustrecke mit Erzgebirgstunnel zwischen Dresden und Prag (das Raumordnungsverfahren hat begonnen) auf konsequente Verlagerung von grenzüberschreitendem Güterverkehr auf die Schiene drängen
Bundesebene
- für erleichterte straßenverkehrsrechtliche Vorgaben zur Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen und Verbesserungen des Verkehrsflusses kämpfen
- Rahmenbedingungen für eine konsequente Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene einfordern
- weiterer Kampf um Minimierung der Eingriffe in Natur und Landschaft beim Südverbundausbau Richtung Osten
Landesebene
- die neue Förderperiode des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) nutzen, um Lärmschutzmaßnahmen im Rahmen des Operationellen Programms anzumelden
- für ein Landes-Lärmschutzprogramm kämpfen, um Kommunen beim Auflegen gezielter Maßnahmen aus den Lärmaktionsplänen zu unterstützen
- Lärmschutzwände von Altenhain bis Shakespearestraße durchgehend ausführen
- beiderseits der Trasse ausreichend hohe Lärmschutzwände
- Lärmschutz bis zur Siedlung Ruhebank verlängern
- passiver Lärmschutz
kommunale Ebene
- Beendigung der Planungen Südverbundweiterbau Richtung Kalkstraße, Abbindung an der Neefestraße, vorhandene Ableitung auf die Autobahn
- kontinuierliche Lärmmessungen und Verkehrszählungen für ein realistisches Bild der sich verändernden Belastungen auf B174 und Südverbund in allen Abschnitten
- Lärmaktionsplan und Lärmkartierungen vorantreiben
- Geschwindigkeitskontrollen auf der B174
- Durchsetzung Tempo 50 auf den Wohngebietsdurchfahrten des Südverbundes in Verbindung mit Kontrollen
- lärmmindernde Beläge (Reinigung, Erneuerung) und innovative bauliche Lösungen für Schallschutzwände Südring in Helbersdorf
- rechtliche Prüfung Nachtfahrverbote Schwerlastverkehr bei nachgewiesener Gesundheitsgefährdung
- beidseitige Begrünung der Schallschutzwände im Stadtgebiet
Petition der WCH zum Lärmschutz hier herunterladen und unterschreiben: Lärmschutzpetition am Südring