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Kreative Dachnutzung in historischem Umfeld: Wirkbau Chemnitz

Gestern sind wir mit der AG Stadtentwicklung und Mobilität des BÜNDNISGRÜNEN Kreisverbands dem Chemnitzer Wirkbau aufs Dach gestiegen. Nachdem wir uns bei vergangenen Treffen bereits mit der Belebung der Innenstadt und kreativer Flächennutzung auseinandergesetzt hatten und die Dachgestaltung des Wirkbaus eine Auszeichnung und breite Berichterstattung erhalten hatte, waren wir besonders froh, dass Frau Riedel und ihr Kollege uns Einblick in Entstehungsgeschichte und Funktionsweise des Dachgartens gaben – vielen Dank!

Von der Idee zur Umsetzung

Die Idee zur Begrünung und Umnutzung des Daches entstand vor einigen Jahren im Gebäudemanagement des Areals. Bis zur Umsetzung musste ein vielschrittiger Prozess durchlaufen werden. Unter anderem umfasste dieser

  • die Tragfähigkeit des Daches
  • die gewünschte Nutzung der Fläche und damit verbundene Ansprüche an die Gestaltung (Wege, Sitzmöglichkeiten, Art der Bepflanzung…)
  • die Zusammenstellung geeigneter Pflanzen
  • die Be- und Entwässerung der Fläche
  • die Regelung des Zugangs zum Dach
  • die Finanzierung des Bauvorhabens selbst sowie der dann laufenden Betriebskosten
  • die Auswirkungen unterschiedlicher Gestaltungsvarianten auf das Mikroklima vor Ort
  • …und vieles weitere.

Unsere beiden Expert:innen erläuterten, dass sich beim Vorhaben am Wirkbau an einigen Stellen unerwartet glückliche Chancen ergaben. Während Corona in vielen Fällen das Ende vergleichbarer Planungen bedeutet hätte, wurde in Sachsen das Programm „Nachhaltig aus der Krise“ durch das Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft aufgelegt. Eine 50%-Förderung aus diesen Mitteln machte Gesamtinvestitionen von über einer Million Euro (in insgesamt drei Projekte: den Dachgarten, eine weitere Dachbegrünung sowie 2x Fassadenbegrünung) erst möglich. Auch dass die Fläche mit ca. einer Tonne pro Quadratmeter belastet werden kann und somit eine Baumbepflanzung möglich ist, ergab sich: Es handelt sich eigentlich um ein reguläres Geschoss, von dem die (durch Bomben zerstörten) Obergeschosse abgetragen wurden. Reguläre Dachflächen sind üblicherweise nur für deutlich geringere Traglasten (Schnee + Personen) bis 100 Kilogramm pro Quadratmeter ausgelegt. Das Konzept ist daher auch nicht 1:1 auf andere Dächer übertragbar – wobei der Rückbau von Geschossen und eine Umnutzung als Dachgarten keine Ausnahme mehr ist.

Kreative Lösungen und WinWin

Zudem wurden für Anlage und Betrieb innovative Lösungen gefunden: Für einige der Baumpflanzungen haben ansässige Unternehmen oder Privatpersonen Patenschaften übernommen. Für die momentan noch zeitlich gesteuerte, bald aber intelligent an Wetterdaten gekoppelte Bewässerung fängt eine Zisterne das Regenwasser der Dachfläche sowie eines Nebengebäudes auf, was nicht nur Wasser spart, sondern auch die Entwässerungsgebühren senken dürfte. Das Gelände kann zudem nicht nur für die Öffentlichkeit zum Flanieren oder durch Anlieger:innen für eine Mittagspause oder ein Meeting im Grünen genutzt werden, auch private Veranstaltungen wie Hochzeiten haben bereits stattgefunden.

Die Betriebskosten liegen in den ersten Jahren mit reichlich 10.000 Euro noch etwas höher, da mehr Aufwand in die Arbeit mit den Pflanzen gesteckt werden muss. Dem gegenüber stehen erhebliche Mehrwerte, die allerdings oftmals nicht in Geld bemessen werden (können): Das ganze Umfeld ist im Sommer deutlich kühler, was den Aufenthalt angenehmer macht. Auch die Luftqualität verbessert sich durch den Dachgarten. Für Vögel und Insekten wird ein Rückzugsort geschaffen, den es in vergleichbaren Industriearealen nicht gibt. Und anliegende Büro- und Werkstattflächen schauen ins Grüne – statt auf schwarze Bitumenbahnen.

Das Highlight – Ab auf den Wirkbau-Turm

Das „Highlight“ unseres Ausflugs erlebten wir dennoch erst ganz am Ende: Frau Riedel nahm uns mit auf den Turm des Wirkbaus. Der 50 Meter hohe Uhrenturm des Architekten Erich Basarke aus dem Jahre 1927 ist einzigartig gestaltet und prägt das Stadtbild. Von oben hatten wir nicht nur einen guten Ausblick auf den zuvor besichtigten Dachgarten, sondern auch auf die danebenliegende, derzeit entstehende Dachbegrünung sowie über ganz Chemnitz. Es bleibt zu hoffen, dass das Wirkbauprojekt für andere sich derzeit entwickelnde Industriebrachen im Stadtgebiet als Inspiration dient. Schließlich wollen wir an dieser Stelle noch einmal herzlich Frau Riedel und ihrem Kollegen danken.

Informationen zu Fördermöglichkeiten für Dach- und Fassadenbegrünung: (bei Fragen gern Kontakt aufnehmen)

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