Redebeitrag des Abgeordneten Volkmar Zschocke (BÜNDNISGRÜNE) zum Antrag der Fraktion AfD: „Flächenfraß stoppen, Ökologie bewahren und Ernährungssicherheit gewährleisten – Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Einklang mit betroffenen Menschen und Natur sinnvoll begrenzen“ (Drs 7/9629)
51. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 01.06.2022, TOP 7
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Kernanliegen des vorliegenden Antrages ist es, Menschen gegen die gewählte Regierung aufzuwiegeln. Die dafür genutzte Methode hat sich bewährt und ist besonders auf den digitalen Portalen der AfD erfolgreich.
Sie besteht aus drei Elementen: Zunächst wird eine große Bedrohung beschworen: Heute sind es riesige Solaranlagen, die die Nahrungsversorgung gefährden. Dann muss als zweites der breite Volkszorn auf die Schuldigen für diese Bedrohung gelenkt werden: Hier sind das – ich zitiere: „die grünen Volksschädlinge“, also „diese verdammten Grünen mit ihren kranken Phantastereien“, die die „Felder für Solarenergie zerstören“ und natürlich der Ministerpräsident, der – ich zitiere – „Affe“ oder „Clown“, der „verhaftet“ werden muss. Und dann braucht es zu guter Letzt noch jemand, der diesen ganzen – Zitat – „korrupten Dreckshaufen“ wegfegt: Das ist natürlich die AfD.
Also eigentlich könnten wir uns die Debatte ersparen. Trotzdem kurz zum Antrag: PV-Freiflächenanlagen sind bauliche Anlagen, geregelt im Baugesetzbuch. Wenn eine Solaranlage auf einer Landwirtschaftsfläche entstehen soll, muss der zuständige Gemeinderat sich bereit erklären, einen Bebauungsplan aufzustellen. Häufig muss noch der Flächennutzungsplan geändert werden.
Wer also aus guten Gründen will, dass eine bestimmte Fläche nicht genutzt wird, muss gegen die Änderung der Flächennutzung bzw. gegen die Aufstellung des B-Planes stimmen. Schaufensteranträge im Landtag helfen da nicht.
Die Bauleitplanung ist ein transparentes und demokratisches Verfahren, in dem alle Einwendungen aus der Öffentlichkeit, alle Konflikte mit dem Ökosystem, mit dem Landschaftsschutz, mit den landwirtschaftlichen Interessen einzeln in einem mehrstufigen Verfahren geprüft, abgewogen und gelöst werden. Das will die AfD aber nicht. Sie verlangt eine pauschale Untersagung in der Photovoltaik-Freiflächenverordnung. Diese ist als Regelungsort für ein solches Verbotsbegehren jedoch ungeeignet. Denn diese setzt das EEG um. Zum einen sind Landwirtschaftsflächen außerhalb benachteiligter Gebiete gar nicht förderfähig, zum anderen entstehen solche Anlagen zunehmend auch jenseits des EEG-Förderrahmens. Punkt 2 des Antrages würde in der Praxis so gut wie keine Wirkung entfalten.
Wir BÜNDNISGRÜNEN suchen Lösungen, wie erneuerbare Energien, Klimaschutz, Landwirtschaft, Naturschutz und in Einklang gebracht werden können. Da führt auch kein Weg dran vorbei. Denn wenn wir die vereinbarten Klimaziele verfehlen, wird in Teilen Sachsens gar keine Landwirtschaft mehr möglich sein. Die Böden werden vollends austrocknen, ganze Regionen werden versteppen. Diese reale Gefahr spüren die Betriebe bereits heute. Wir können diese Gefahr mit einem entschlossenen Umstieg auf erneuerbare Energien begrenzen und unsere Enkel vor dem Verlust der natürlichen Lebensgrundlagen bewahren.
Um den Flächenfraß zu stoppen, die Ökologie zu bewahren und Ernährungssicherung zu gewährleisten, müssen wir zuallererst die Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrspolitik umsteuern. Wir müssen den ausufernden Energiepflanzenanbau begrenzen und den Landschafts-vernichtenden Kohlebergbau beenden.
Doch auch der Ausbau der Sonnenenergie ist für den Klimaschutz und die Energiesouveränität zwingend notwendig. Zur Nutzung der Sonnenenergie gibt es gute, aber auch weniger gute Lösungen. Wir BÜNDNISGRÜNE drängen darauf, dass der Ausbau der Nutzung von Sonnenenergie im Einklang mit Naturschutz und Landwirtschaft erfolgt.
Vor allem ist es wichtig, alle geeigneten Dachflächen und auch versiegelte Flächen in Stadt und Dorf zu nutzen. Hier ist das Potential noch lange nicht ausgeschöpft.
Aber es werden auch unversiegelte Flächen genutzt werden müssen, um den großen Energiebedarf unserer Industriegesellschaft zu decken. Und es wird auch einzelne große Anlagen geben müssen, um die Klimaziele zu erreichen. Es ist wirtschaftlich effizient, einen Teil des notwendigen PV-Zubaus über Freiflächenparks zu realisieren.
Während für die Braunkohle Ackerflächen für immer vernichtet werden, können PV-Anlagen nach der Nutzung oder wenn bessere Technologien zur Verfügung stehen, wieder rückstandsfrei abgebaut werden. Flächensolaranlagen müssen an verbindliche Naturschutzkriterien gekoppelt werden.
Innovative Konzepte wie Biodiversitäts-PV und Agri-PV entschärfen den Konflikt mit Ökologie und Landwirtschaft. Damit wird Naturschutz, Landwirtschaft und Energieerzeugung auf derselben Fläche möglich, so dass sich die “Entweder-Oder-Frage” nicht mehr stellt. Dabei entstehen Synergien, durch die sich Pflanzenanbau, Tierhaltung oder die Bodenfeuchtigkeit sogar verbessern lassen.
Die Forderung der AfD lehnen wir ab.