Fraktionserklärung zur Stadtratssitzung am 14.05.2025

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrtes Kollegium hier im Raum, liebe Chemnitzerinnen und Chemnitzer,

das Gedenken an den 80. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus auf dem Brühl war sehr würdevoll, sehr bewegend und gut organisiert. Dafür ausdrücklicher Dank an das Protokoll – besonders an Frau Siegel – und an alle Beteiligten. Denn es ist aktuell nicht einfach, die richtige Form und die richtigen Worte zu finden. Für Menschen, die wie ich im kalten Krieg aufwuchsen, sind die aktuellen nationalen und internationalen Entwicklungen sehr besorgniserregend. Gerade zu der Frage, ob es echten Frieden ohne Freiheit geben kann, gehen auch in unserer Stadt die Meinungen weit auseinander. Gelten die freiheitlich demokratischen Werte des Grundgesetzes nur für uns oder sind diese universell? Oder schauen wir der Bedrohung der Freiheit in anderen Ländern tatenlos zu nach dem Motto: Da mischen wir uns nicht ein? Welche Haltung entwickeln wir zur Ausbreitung autoritären Denkens und Regierens? Wie erkennen und begegnen wir neuen Formen des alten Hasses auf Jüdinnen und Juden? Was ist antisemitisch und was nicht? Wir BÜNDNISGRÜNE werben dafür, über all diese schwierigen Fragen in unserer Stadt miteinander im Dialog zu bleiben, anständig, fair und respektvoll – auch wenn Sichtweisen sich diametral gegenüberstehen. Widerspruch ist keine Zensur, Streit in der Sache darf nicht zu Anfeindung und Hass führen.

Letzen Freitag haben engagierte Menschen das Schauspielhaus besetzt. Sie haben bunt und friedlich gegen die Kürzungen bei Kultur, Soziales und Bildung protestiert. Wir solidarisieren uns mit dieser Intervention und sind der Stadtverwaltung und Frau Ruscheinsky dankbar, diesen Protest nicht reglementiert oder diskreditiert zu haben. Es war eine mutige und wichtige Aktion, weil dadurch einmal mehr bundesweite Aufmerksamkeit auf die dramatische Situation gelenkt wird, bei der Chemnitz nur exemplarisch für unzählige Kommunen deutschlandweit steht. Das am Ende sogar eine Kulturhauptstadt gezwungen werden soll, gerade im Kulturhauptstadtjahr all das zusammenzustreichen, was eine Stadt lebens- und liebenswert macht, weil sonst die Pflichtaufgaben der Stadt nicht mehr bezahlt werden können, zeigt den unhaltbaren Zustand der Kommunalfinanzen in Deutschland. Aus unserer Sicht kann es darauf inzwischen nur noch eine Antwort geben: Eine breite Rebellion der Kommunen deutschlandweit. Denn als Kommunalpolitiker:innen können wir dieses Problem nicht mehr allein lösen.

– es gilt das gesprochene Wort –

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