Erinnerungen an BÜNDNISGRÜNE Wurzeln in Karl-Marx-Stadt/Chemnitz

Auf diesem 25 Jahre altem Foto lachen sich zwei langjährige Wegbegleiter an. Das Bild zeigt Lothar Lehmann und Manfred Hastedt auf der Hollywoodschaukel in Lothars Garten.

Lothar Lehmann hat die Chemnitzer Kommunalpolitik im ersten Jahrzehnt nach Wende maßgeblich mitgeprägt. Und uns BÜNDNISGRÜNE auch. Er war bis 1998 unser Parteivorsitzender in Chemnitz. Von 1990 war er für zwei Legislaturen Vorsitzender und Geschäftsführer der Chemnitzer Ratsfraktion. Als fesselnder Redner sprach er 1989 auf den großen Kundgebungen in Karl-Marx-Stadt. Er war Mitbegründer des Neuen Forum. Als Stadtrat der ersten Stunde war er ein maßgeblicher Wegbereiter für die demokratische Erneuerung in Chemnitz. Er war damals auch eine treibende Kraft für den Zusammenschluss von BÜNDNIS 90 und den GRÜNEN.

„Lehmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN“ – ich höre seine rauchige Stimme bis heute im Ohr. Wenn er im Stadtrat ans Mikro ging, wurde es still im Saal. Die einen still in Erwartung auf klare Worte und Orientierung, andere still in Angst – wegen dieser klaren Worte. Als Bürgerrechtler war er in der DDR politisch inhaftiert. Er stemmte sich gegen Machtmissbrauch, Intransparenz und Vetternwirtschaft alter und neuer Klüngel. Er war bei der Stelle, als die in Auflösung befindliche Stasi große Vermögen bei Seite schaffen wollte. Er war auch später den schmierigen Deals und Immobiliengeschäften auf der Spur, als nach der Wende kommunales Eigentum verramscht und verscherbelt werden sollte.

Er stand für mehr Bürgerbeteiligung, Bürgerrechte und echtes Gemeinwohl. Dafür brannte er und hat damals viele von uns angesteckt. Er war ein kraftvoller Mensch voller Herzenswärme. So hat er auch Politik gemacht und viele von uns gefördert. Mein politischer Weg wäre sicher anders verlaufen, wenn ich Lothar nicht begegnet wäre.

Manfred Hastedt war ebenfalls ein wichtiger Akteur im Jahr 1989 und BÜNDNISGRÜNER der ersten Stunde. Er hat seitdem mit Umweltzentrum und AGENDA 21 über drei Jahrzehnte breite Bürgerbeteiligung in Chemnitz organisiert. Ich habe als junger Stadtrat und Fraktionsgeschäftsführer unglaublich viel von Manfred gelernt und Zusammenhänge verstanden. Egal ob zu Stadtentwicklung, Energie, Kreislaufwirtschaft, Stadtgrün oder Bahnanbindung: Der von ihm etablierte Dialog zwischen Wirtschaft, Stadtgesellschaft und Stadtrat ist auch künftig unverzichtbar. Durch solche Dialogprozesse werden die politischen Entscheidungen fachlich besser. Und demokratisch breit legitimiert.

Je mehr Bürgerinnen und Bürger ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen können, desto besser ist das für kommunalpolitische Entscheidungen. Manfred hat die Gabe, Menschen zu aktivieren und in kritische Unruhe zu versetzen. Die AGENDA-Gruppen sind durch sein Agieren eine Beteiligung für viele umtriebige Menschen geworden, die etwas verändern wollen. Jede und jeder kann sich hier wirksam einbringen. Stadtrat und Ausschüsse können das in diesem Umfang gar nicht leisten.

Über Manfred habe ich – und haben sich – viele Menschen kennen gelernt. In den vielen Jahren seines Wirkens sind komplexe Arbeitsbeziehungen in Chemnitz entstanden, in deren Schnittstellen er bis heute steht und wirkt. Auch wenn er letzte Woche seinen letzten Arbeitstag hatte, wird er bestimmt weiter für kritisch-konstruktive Unruhe in unserer Stadt sorgen.

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