Redebeitrag des Abgeordneten Volkmar Zschocke (BÜNDNISGRÜNE) zur Zweiten Aktuellen Debatte der Fraktion CDU: „Sachsens Wälder nicht verrotten lassen – den Rohstoff Holz nachhaltig nutzen“
76. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 20.09.2023, TOP 1
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
eine sehr gute und wichtige Debatte! Bei der Formulierung des Titels wäre es aber gut gewesen, sich noch mal mit einem Forstwirt abzustimmen. Denn Sachsen Wälder verrotten ja nicht. Vielmehr ist die Verrottung eines Teils des Holzes überlebensnotwendig für den Wald insgesamt, vor allem für ein stabiles Waldökosystem und einen gesunden, nährstoffreichen Waldboden.
Totholz ist ja nicht tot, sondern unglaublich lebendig. Das weiß eigentlich jedes Kind, welches mal vorsichtig hinter die Rinde eines abgestorbenen Baums geschaut hat. Das wissen auch diejenigen, die Wald besitzen und bewirtschaften. Aber für die politische Debatte wird das apokalyptische Bild vom verrottenden sächsischen Wald offenbar gebraucht, um den erklärten Hauptgegner Grüne dafür verantwortlich zu machen. Daran haben wir uns schon gewöhnt und ein bisschen Poltern ist in Ordnung, der Wahlkampf lässt grüßen.
Ich habe nicht vor, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Entscheidend für mich ist, was wir mit CDU und SPD in dieser Koalition erreichen:
Wir setzen zum Beispiel gemeinsam mit Ihnen die Nationale Biodiversitätsstrategie aus dem Kabinett Merkel eins um. Darin heißt es, Zitat: „2020 beträgt der Flächenanteil der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung fünf Prozent der Waldfläche.“ Herzlichen Glückwunsch, dieses wichtige Naturschutzziel der CDU haben wir gemeinsam in dieser Legislatur für Sachsen erreicht!
Die CDU-geführte Bundesregierung hatte zudem die Ausweitung von großen zusammenhängenden Wildnisgebieten auf zwei Prozent der Landesfläche zum Ziel. Hier sind wir in Sachsen mit der Königsbrücker Heide zwar ein Stück vorwärtsgekommen, aber vom Zwei-Prozent-Ziel noch ein großes Stück entfernt.
Ein weiteres wichtiges Ziel der nationalen Biodiversitätsstrategie – an deren Beschluss übrigens keine BÜNDNISGRÜNEN beteiligt waren – ist die Zertifizierung von 80 Prozent der Waldfläche nach hochwertigen ökologischen Standards. FSC steht für diese hochwertigen ökologischen Standards im Wald. Auch das setzen wir in dieser Legislatur um – zunächst erst im Rahmen eines Modellprojektes und das auch nur auf circa einem Drittel der Staatswaldfläche. Ich weiß, dass selbst das Ihnen zu viel ist und dass Sie FSC eigentlich nicht wollen. Aber lassen Sie uns die Debatte über eine Änderung der Zertifizierung doch dann führen, wenn der Abschlussbericht zum FSC-Modellprojekt vorliegt. Dann wissen wir auch, worüber wir konkret reden.
Das Kabinett Merkel hatte 2007 auch die Anpassung der Wälder an die Herausforderungen des Klimawandels durch Anbau möglichst vielfältiger Mischbestände zum Ziel. Auch das setzen wir in Sachsen gemeinsam um: Wir machen die Wälder fit für den Klimawandel – nicht nur beim Sachsenforst, sondern in allen Eigentumsarten. Wir unterstützen die sächsischen Waldbesitzer*innen bei der Schadensbeseitigung und dem Waldumbau mit hohen Millionenbeträgen. Sei es mit dem ehemaligen Extremwetterfonds oder der Förderrichtlinie Wald und Forst. Das schaffen wir in Sachsen aber nur mit Zuwendungen des Bundes. Hier möchte ich den Staatsminister dringend auffordern, sich auf der Bundesebene dafür zu engagieren, die drohende Kürzung der GAK-Mittel abzumildern. Denn wenn die Bundesmittel für die Forstförderung einbrechen, wird es sehr schwer werden, die immer noch sichtbaren Extremwetterfolgen im Wald zu beseitigen.
Holz aus sächsischen Wäldern ist ein heimischer Rohstoff, der bei der öffentlichen Vergabe durchaus mehr berücksichtigt werden könnte – zum Beispiel über das Vermarktungslabel „Holz von hier“. Ich freue mich auch sehr über die Formulierung im Debattentitel, den Rohstoff Holz nachhaltig nutzen zu wollen. Ich sehe darin ein klares Bekenntnis der CDU-Fraktion zum Vorrang der langlebigen, jeweils höherwertigen stoffliche Nutzung des wertvollen Rohstoffes Holz. Die konsequente Nutzung im Kaskadenprinzip wird dann auch zu einer deutlichen Reduktion des Holzanteils führen, der energetisch genutzt werden kann. Reste und Abfälle ja, aber keine Holzverbrennung im großen Stil.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie mich am Schluss noch etwas sagen, was mir auf der Seele liegt. Die Bilder der großflächig abgestorbenen Wälder in Folge der ungefilterten Abgase haben sich tief in meine Erinnerung als Kind und Jugendlicher eingeprägt. Das aktuelle Baumsterben ruft diese Erinnerungen wach. Der Schutz, der Erhalt und die Mehrung der Waldflächen ist eine generationsübergreifende Pflicht. Auch wenn der Druck auf die Flächen steigt: Die Waldmehrungsziele aus dem Landesentwicklungsplan dürfen auf keinen Fall aufgeben werden. Wald darf nur umgewandelt werden, wenn dafür neue und am besten mehr Waldflächen entstehen. Gerade die Kommunen und Landkreise haben bei der Flächenentwicklung eine hohe Verantwortung. Und da möchte ich es deutlich sagen: Solaranlagen gehören auf Dächer und Freiflächen, nicht in den Wald. Und wer Windkraft im Wald verhindern will, darf nicht gleichzeitig die Akzeptanz in Siedlungsnähe untergraben.
Vielen Dank!