Der Luchs ist zurück: Bericht von einer beeindruckenden Informationsveranstaltung in Schwarzenberg

Wer kennt vom Wandern in der Sächsischen Schweiz den Luchsstein bei Hinterhermsdorf? Auf diesem Stein findet sich die Jahreszahl 1743. In dem Jahr wurde damals offenbar der letzte Luchs Sachsens erlegt. Seitdem gibt es keine wilden Luchse mehr in Sachsen. Das soll sich aber ändern. Im September 2022 begann ein Projekt zur Auswilderung von bis zu 20 Karpatenluchsen im Erz- und Elbsandsteingebirge. Die Wiederansiedelung von Luchsen ist ein bedeutendes Naturschutzprojekt, das darauf abzielt, eine sich fortpflanzende Population zu etablieren und eine Verbindung zu anderen Luchsvorkommen in Deutschland und Europa zu schaffen.

Zu unserem Naturerbe gehören nicht nur großartige Landschaften, sondern auch wertvolle Arten, von denen viele gefährdet sind. Es gibt eine klare rechtliche Verpflichtung zum Schutz dieser geschützten Arten. Das Naturschutzrecht beschreibt dies als Verpflichtung zu „Maßnahmen zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes“ Was das konkret bei den Luchsen heißt, darüber berichtete gestern abend in Schwarzenberg sehr anschaulich Dr. Jana Zschille vom Institut für Forstbotanik und Forstzoologie der TU Dresden. Sie ist mitverantwortlich für das Monitoring und Luchsmanagement in Sachsen.

Der Eurasische Luchs, eine der größten Katzenarten Europas, war in Deutschland über viele Jahrzehnte hinweg stark gefährdet und in vielen Gebieten, einschließlich des Erzgebirges, nahezu ausgestorben. In Deutschland existieren seit einiger Zeit wieder isolierte Populationen im Harz, im Bayerischen Wald und im Pfälzerwald.

In Sachsen ging es jedoch erst richtig los im Frühjahr 2024. Inzwischen sind vier Tiere freigelassen: Juno, Nova, Alva und Chapo. Die Vorbereitung dieses Projektes war sehr aufwändig und erfolgte unter Beteiligung vieler Partner. Der BUND Sachsen, Umweltministerium, Sachsenforst, TU Dresden und Jagdbehörde haben gemeinsam daran gearbeitet, geeignete Lebensräume für die Luchse zu finden und die Tiere wieder in die Region einzuführen. Die Koordination des Projektes hat das Senckenberg Museum in Görlitz übernommen.

Die Wiederansiedelung ist nicht nur ein Schritt zur Erhaltung der Art, sondern auch zur Förderung der Biodiversität. Denn Luchse spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem, da sie als Spitzenprädatoren die Populationen von Rehen und anderen Beutetieren regulieren können, was wiederum das Wachstum von Pflanzen und die Gesundheit der Wälder unterstützt. Insofern kann sich der Luchs auch zu einem Helfer beim dringend notwendigen Waldumbau in Sachsen entwickeln.

Die Wiederansiedelung erfolgt in mehreren Phasen. Zunächst werden geeignete Lebensräume identifiziert, die ausreichend Beute und Rückzugsmöglichkeiten bieten. Anschließend werden Luchse aus anderen Regionen in das Erzgebirge gebracht. Wichtig ist eine genetische Vielfalt, um zu vermeiden, dass es Effekte wie bei der Inzucht gibt. Um eine gute Durchmischung zu erhalten, braucht es Wanderungskorridore durch die von uns Menschen überformte Kulturlandschaft und vor allem Grünbrücken über Straßen- und Schienenwege. Sonst schneiden diese linienförmigen menschlichen Infrastrukturen die Lebensräume wandernder Arten vollständig ab.

Ein wichtiger Aspekt des Projekts ist die enge Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung. Aufklärungsarbeit und Informationsveranstaltungen wie am gestrigen Abend sollen helfen, das Verständnis und die Akzeptanz für die Rückkehr der Luchse zu fördern. Die Menschen vor Ort werden über die Bedeutung der Luchse für das Ökosystem informiert und ermutigt, sich aktiv am Schutz der Tiere zu beteiligen. Ganz konkret warb Frau Dr. Zschille dafür, Sichtungen und Zufallsbeobachtungen zu melden: luchs-sachsen.de

In der anschließenden Diskussion im voll besetzten Cafe BonAire ging es auch um die Konflikte mit der Jagd, mit anderen Arten oder um die begrenzten Gefahren für Weidetiere und andere Nutztiere. Ein anwesender Jäger beschrieb eine große Kooperationsbereitschaft vieler Jägerinnen und Jäger bei der Luchsansiedlung. Die Konflikte mit der Weidehaltung sind bei weitem nicht so schwierig wie beim Wolf. Wenn es doch zu einem Schaden kommt, sind die Unterstützungs- und Entschädigungsregeln die selben. Auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde besprochen und wann mit Nachwuchs zu rechnen ist: Frau Dr. Zschille hält Jungtiere schon im nächsten Jahr für möglich.

Die Wiederansiedelung von Luchsen in Sachsen wird ein herausforderndes Vorhaben bleiben. Es ist aber ein ermutigendes Zeichen für das gemeinsame Engagement in unserer Gesellschaft, die ursprüngliche natürliche Vielfalt zu bewahren, zu fördern und vor allem auch zu respektieren.

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