Debatte zu Klimafolgen – Wir müssen jetzt verantwortlich handeln

Redebeitrag des Abgeordneten Volkmar Zschocke (BÜNDNISGRÜNE) zur Zweiten Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Zwischen Trockenheit und Überschwemmungen – Auswirkungen des Klimawandels konkret und vor Ort begegnen“
34. Sitzung des 7. Sächsischen Landtags, Mittwoch, 21.07.2021, TOP 3

– Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

die vielen Todesopfer und die verheerenden Verwüstungen in den Hochwassergebieten erschüttern. Es verbietet sich, diese Ereignisse politisch zu instrumentalisieren. Trauer und Hilfe stehen jetzt im Mittelpunkt. Wir alle erinnern uns schmerzlich an 2002, 2010 und 2013. Damals erfuhren auch wir große Solidarität.

Wir BÜNDNISGRÜNE sind, trotz der Ereignisse, beim geplanten Titel der Debatte geblieben. Denn die globalen und lokalen Wetterextreme dieses Sommers – auch erneut in Sachsen – unterstreichen, wie dringend und aktuell diese Debatte ist. Und ja, es ist respektvoll auch gegenüber den Opfern, wenn wir heute darüber reden, wie den Auswirkungen des Klimawandels vor Ort besser begegnet werden kann.

Von den Meteorologen wissen wir, dass einzelne Extremwetterereignisse nicht zwingend eine Folge der Erderwärmung sind. Aber es ist unumstritten, dass derartige Ereignisse häufiger und intensiver werden. Und darauf müssen wir uns besser vorbereiten, um Leben und Gesundheit zu schützen, um die Wasserversorgung und lebensnotwendige Infrastruktur zu sichern und um Land- und Forstwirtschaft, aber auch unsere Siedlungsgebiete anzupassen.

Es macht wenig Sinn, mit dem Finger auf die Versäumnisse der Vergangenheit zu zeigen und zu thematisieren, wer notwendige Entscheidungen verschleppt hat und wer es schon immer vorausgesagt hat.

Wir müssen jetzt verantwortlich handeln – gemeinsam und ohne Schuldzuweisungen, für die Menschen, die hier leben und arbeiten.

Es ist gut, dass in Sachsen seit 2002 3,6 Milliarden in den baulichen Hochwasserschutz investiert wurden. Nun gilt es, vor allem durch mehr Raum die gefährliche Dynamik aus den Bächen und Flüssen zu nehmen: Mehr natürliche Überflutungsflächen, Deichrückverlegungen, Renaturierung der Flüsse und Auen. Wenn Verdunstung zunimmt und die Niederschlagsverteilung sich ändert, sind zudem Anpassungen bei der Gewässerunterhaltung notwendig. Niedrigwasser und Hochwasser müssen noch effektiver gemanagt werden.

Wir müssen dringend über Bodenschutz und Wasserrückhalt in der Fläche reden, über Reduzierung des Flächenverbrauchs, über Moorschutz, Waldmehrung, mehr städtische Grünflächen. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, vorhandene Brachflächen zu revitalisieren, anstatt immer mehr Grün- oder Ackerflächen zu versiegeln. Die Stadt-Umland-Konkurrenz bei der Ansiedlungspolitik muss dringend überwunden werden. Wir können uns das im Klimawandel weder ökologisch noch wirtschaftlich länger leisten.

Über die Herausforderungen beim Waldumbau haben wir viel gestritten. Trockenheit, Sturm und Schädlinge interessieren sich nicht für Besitzgrenzen. Öffentliche und private Waldbesitzer müssen hier an einem Strang ziehen. Deshalb ist es richtig, dass aktuell noch einmal zusätzlich sieben Millionen aus den Mitteln des Sachsenforstes für die Aufgaben im Privat- und Körperschaftswald zur Verfügung gestellt werden.

Nicht minder schwierig ist die Situation für Landwirtschaft, Gartenbau, Tierhaltung oder Teichwirtschaft. Die zunehmenden Wetterextreme führen zu Verlusten, sie verstärken Krankheits- und Schadgeschehen. Agrarumweltprobleme nehmen zu. Aber der Umbau hin zu einer klimaresilenten und nachhaltigen Landwirtschaft hat in Sachsen längst begonnen: Wassersparende Bodenbearbeitung, angepasste Sorten und Fruchtfolgen bis hin zur Entwicklung von Agroforstsystemen als Antwort auf Austrocknung und Erosion. Das geplante Kompetenzzentrum Ökolandbau muss und wird auch Unterstützung bei der Klimaanpassung geben.

Letztendlich gilt es, auch die Städte und Siedlungsgebiete weiter zu wappnen – gegen Starkregen, gegen Hitzewellen. Sie brauchen Unterstützung bei Gesundheitsschutz, Verbesserung der Grünstrukturen, Abkühlung, wassersensible Stadtentwicklung. Unsere Städte müssen regelrechte Schwammstädte werden.

Meine Damen und Herren,
die Klimafolgen treffen auch uns in Deutschland mit Wucht. Die Aufgaben sind komplex und schwierig zu lösen. Sie erfordern gebiets- und ressortübergreifendes Handeln. Wir gehen das gemeinsam an. Doch alle Anstrengungen der Anpassung scheitern, wenn wir nicht zugleich alles dafür tun, die Ursachen der Klimakrise in den Griff zu bekommen. Dazu mehr in der zweiten Runde.

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