Bundesverfassungsgericht kippt Wahlrechtsausschluss für Behinderte – GRÜNE: Staatsregierung muss sofort eigenen Gesetzentwurf vorlegen

Reichlich 4.000 Menschen mit Behinderungen ist es in Sachsen gesetzlich versagt zu wählen – Für ihre Teilnahme an der Landtagswahl ist es  noch nicht zu spät  

Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelungen zum Wahlrechtsausschluss für Behinderte für verfassungswidrig erklärt. Ein entsprechender Beschluss des Bundesverfassungsgerichts wurde heute (21.02.19) veröffentlicht.

Die Landtagsmehrheit aus CDU und SPD hatte Ende Januar den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, der Wahlausschlüsse von Menschen mit Behinderungen beseitigen und die Teilnahme an Wahlen erleichtern sollte, abgelehnt.   „Die Staatsregierung muss jetzt sofort einen eigenen Gesetzentwurf für Sachsen vorlegen“, fordert Volkmar Zschocke, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag. „Die Ausrede, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch ausstehe, zieht nicht mehr. Reichlich 4.000 Menschen mit Behinderungen ist es in Sachsen gesetzlich versagt zu wählen.“ „Die Blockade unseres Gesetzentwurfs durch die Regierungsfraktionen hat den betroffenen Personen die Möglichkeit genommen, bei den Europa- und Kommunalwahlen mitwählen zu können. Für die Landtagswahl kommt ein positiver Beschluss aber noch nicht zu spät.“

Die wahlrechtlichen Bestimmungen in Sachsen schließen derzeit viele Menschen mit Behinderungen automatisch vom Wahlrecht aus und erlauben ihnen nicht, zu wählen oder sich wählen zu lassen. Betroffen sind vor allem Menschen, bei denen eine Betreuung in allen Angelegenheiten angeordnet ist. „Wir wollen diese Diskriminierung noch in dieser Wahlperiode abschaffen“, erläutert der Abgeordnete.

„Es ist an der Zeit, in Sachsen endlich die gleichberechtigte Teilhabe am Wahlrecht zu ermöglichen. Andere Bundesländer haben dies längst getan. Es kann nicht sein, dass volljährigen Staatsbürgern dieses zentrale Bürgerrecht weiterhin vorenthalten wird. Betreuung bedeutet doch nicht, dass Menschen nicht entscheidungsfähig sind. Betreuung bedeutet vielmehr, dass sie Unterstützung brauchen, um Entscheidungen zu treffen“, erklärt Zschocke.

Weitere Informationen: >> Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.02.19

>> GRÜNER Gesetzentwurf ‚Gesetz zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Wahlrecht‘ (Drs 6/15216)

>> Redebeitrag des Abgeordneten Volkmar Zschocke (GRÜNE) in der Landtagsdebatte zum GRÜNEN Gesetzentwurf vom 30.01.19

Hintergrund: Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) sieht vor, dass Menschen mit Behinderungen ihre politischen Rechte, insbesondere das Wahlrecht, gleichberechtigt mit anderen wahrnehmen können. Der aktuelle Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD auf der Bundesebene beinhaltet, Wahlrechtsausschlüsse von Menschen, die sich durch eine Vollbetreuung unterstützen lassen, zu beenden (Seite 95). CDU und SPD in Sachsen haben im Koalitionsvertrag 2014 vereinbart: >>Von hoher Bedeutung ist für uns ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft. Die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten ist für alle Menschen ohne jede Diskriminierung zu gewährleisten und zu fördern.<< (Seite 17). Die Staatsregierung hat im Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK angekündigt, Anpassungen für Menschen mit Behinderungen für das Landes- und Kommunalwahlrecht zu prüfen.

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