Gestern war es im Chemnitzer Rathaus wunderbar laut. Anlass war die Petitionsübergabe mit über 4500 Unterschriften für Festanstellungen an Chemnitzer Musikschule.
Die Vorgeschichte dieses Konfliktes ist lang: 15 Jahre, in denen der Stadtrat immer wieder auf eine Lösung gedrängt hat, 15 Jahre, in denen die Verwaltung das Problem immer wieder verdrängt und verschoben hat. Bereits 2009 gab es einen Stadtratsbeschluss, dass die schon damals unrechtmäßig auf Honorarbasis beschäftigen Musiklehrerinnen und Lehrer das Angebot der Festanstellung erhalten. Umgesetzt wurde das nicht wirklich.
2013 formierte sich in Chemnitz ein Bündnis für musikalische Bildung. Eines der Kernanliegen war, das mindestens die Hälfte der Lehrerinnen und Lehrer an der städtischen Musikschule fest angestellt wird. Der Stadtrat beauftragte damals die Verwaltung mit der Erarbeitung eines entsprechenden Konzeptes zur Entwicklung der Musikschule. Die Erstellung des Konzeptes hat 5 Jahre gedauert.
2018 hat der Stadtrat dann das Musikschulkonzept beschlossen, welches auch Stellenumwandlung im pädagogischen Bereich vorsieht. Aber in den Haushaltsplänen 2021/2022 und 2023/2024 wurde kein Stellenaufbau vorgenommen. Begründet wurde dies nun mit Pandemie und Kriegsauswirkungen.
Jetzt entsteht durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes Handlungsdruck. Mit einem fraktionsübergreifenden Stadtratsbeschluss haben wir gestern erneut die Verwaltung aufgefordert, eine Lösung zu finden.
Stadtratsbeschlüsse allein reichen aber offenbar nicht. Notwendig war und bleibt die starke Unterstützung aus der Chemnitzer Bürgerschaft. Es braucht einen regelrechten Pakt zur Sicherung unserer Musikschule. Alle müssen zusammenwirken. Die Stadt als Träger der Musikschule, und die Eltern als Gebührenzahler dürfen mit der Finanzierung nicht allein gelassen werden. Die musikalische Bildung von Kindern und Jugendlichen braucht eine viel deutlichere Unterstützung auch vom Land.
Ich glaube, viele haben immer noch nicht verstanden, welchen enormen Wert musikalische Bildung nicht nur für den Einzelnen, sondern für die Stadt und die gesamte Gesellschaft hat. Die Arbeit der Musikschule ist eben auch Demokratieförderung, Gewaltprävention, interkulturelle Bildung und Integration. Das müssen wir alle noch viel stärker in die politische Diskussion hineintragen. Musikalische Erziehung darf keine Privatangelegenheit von finanzkräftigen Familien sein. Und daran müssen wir jetzt gemeinsam konsequent dranbleiben.
Viele von uns wissen von den eigenen Kindern und Enkeln, wie unglaublich aufopferungsvoll die Arbeit der Musikpädagoginnen und Musikpädagogen an unserer Musikschule ist. Das braucht endlich auch finanziell eine andere Wertschätzung, damit es ein attraktives Berufsfeld bleibt. Im Sinne von Legacy halte ich das für eine der wertvollsten Investitionen in die Kulturhauptstadt, die sich vielfach für Chemnitz und Sachsen auszahlen wird.
Der von der Verwaltung gestern vorgeschlagene Weg erscheint grundsätzlich geeignet. In Jubel breche ich aber nicht aus. Es dauert alles viel zu lange und die erzeugte Verunsicherung ist groß. Zwischen dem gestrigen Beschluss und der vollständigen Umsetzung liegen zudem eine Kommunalwahl und Haushaltsverhandlungen in Stadt und Land. Das sind dicke Bretter. Aber wir müssen die jetzt bohren.
Mit Blick auf die vergangenen 15 Jahre darf die Umsetzung des gestrigen Beschlusses nicht erneut versanden. Diese Enttäuschung können wir uns definitiv nicht leisten. Diesmal muss es gelingen, unsere Musikschule nicht nur baulich, sondern auch personell zu sichern!