Verhinderung von Kinderehen − Zschocke: Antrag dient nur einer Hasswelle gegen die anderen Fraktionen
– Es gilt das gesprochene Wort –
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Frau Dr. Petry,
die Kinderehe ist eine Menschenrechtsverletzung!
Am 1. September haben sich alle demokratischen Fraktionen hier im Haus klar gegen Kinderehen und Zwangsverheiratungen ausgesprochen.
Wenn wir genauer hinsehen – und dieser differenzierte Blick ist zwingend erforderlich – brauchen diese Mädchen mehr, als eine Änderung von Gesetzen. Die durch Kinderehen verursachten Probleme sind viel komplexer als Ihre vier Punkte im Antrag. Gesetzgeberische Schnellschüsse sind nicht der richtige Weg. Bei Hinweisen auf Zwang und Gewalt nützt es den Mädchen gar nichts, wenn die Ehe formal für unwirksam erklärt wird. Dann sind Strafanzeigen, Strafverfolgung und Schutzangebote notwendig. Dafür braucht es keine Gesetzesänderung, sondern Aufmerksamkeit und eine handlungsfähige Jugendhilfe.
Wir haben ein ausdifferenziertes System der Kinder- und Jugendhilfe, das immer dann greift, wenn eine Kindeswohlgefährdung droht oder schon vorliegt. In erster Linie brauchen die Jugendämter Handlungssicherheit.
Sie müssen gestärkt werden, im Falle von Kinderehen konsequent und ausschließlich das Kindeswohl in den Vordergrund zu stellen. Wir müssen die Jugendämter fragen, welche Unterstützung sie brauchen, damit sie diese verantwortungsvolle Aufgabe, nämlich das Kindeswohl zu schützen, erfüllen können.
Sie wissen, dass sich derzeit eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit dem Thema Kinderehe befasst. Wenn diese zu dem Ergebnis kommt, dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, werden wir uns diesem nicht verschließen.
Sie würden die Ergebnisse der Arbeitsgruppe abwarten, wenn Sie an rechtsstaatlichen Lösungen interessiert wären. Aber darum geht es Ihnen wie immer nicht.
Dass Sie sich tatsächlich für das Wohl dieser Mädchen interessieren, nehme ich Ihnen nicht ab. Das sagen Sie ja auch ganz unverhohlen: Sollen die Asylbewerber doch in die Länder reisen, in denen sie nach Scharia-Regeln leben können.
Sie brauchen diesen Antrag, um eine erneute Hasswelle gegen die anderen Fraktionen hier zu erzeugen. Ich sage ihnen auch, wie sie das machen:
Sie schreiben die Namen von Politikerinnen der anderen Fraktionen auf Ihre facebook-Seite und behaupten dann, dass SPD, CDU, Grüne und Linke der politischen Debatte um Kinderehen ausweichen – obwohl genau das Gegenteil stattfindet. Dann schauen Sie zu, wie Ihre Fans sich in den Kommentaren gegenseitig aufputschen. Ich zitiere da mal einige Beispiele:
„War ja nicht anders zu erwarten von diesen Idioten“
„Mit was für Asozialen von rotgrünschwarz muß man sich da abgeben“
„CDU, SPD, linke und Grüne sind der letzte scheiß. Diese Vollpfosten“
„Die Regierung ist echt geisteskrank“
„Ein geistiger Müllhaufen“
„Diese Leute muss man doch mal auf die Straße zerren“
„Dreck Schweine zum Frass vorschmeißen“
„ich hoffe immer noch, dass ein Kind der Regierenden missbraucht wird“
Meine Damen und Herren von der AfD,
für diesen Hass sind Sie politisch verantwortlich!
Rede des Abgeordneten Volkmar Zschocke (GRÜNE) zum Antrag der AfD Fraktion „Zwangs- und Kinderehen wirksam verhindern!“ (Drs. 6/6502) zur 41. Sitzung des Sächsischen Landtags, 28. September 2016, TOP 10