Vor sechs Jahren hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) unterzeichnet. In Sachsen ist allerdings bis heute kein Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik in Sicht. Dazu erklärt Volkmar Zschocke, Fraktionsvorsitzender und sozialpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
„Noch immer stehen in Sachsen wichtige Weichenstellungen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention aus.“
„Das sächsische Schulgesetz eröffnet Eltern sowie Schülerinnen und Schülern nach wie vor kein Wahlrecht zwischen Regelschule und Förderschule. Die Fortschreibung des Aktions- und Maßnahmeplans zur schulischen Inklusion bleibt Bildungsministerin Brunhild Kurth seit zwei Jahren schuldig, all ihrer gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Staatsregierung bis heute daran scheitert, die notwendigen Rahmenbedingungen für mehr Inklusion in der Schule zu schaffen. Schade, denn in diesem Ansatz steckt viel Potenzial.“
„Auch beim Thema Gewalterfahrung von Menschen mit Behinderung ergreift die Staatsregierung keine Initiative. Einen entsprechenden Antrag der GRÜNEN-Fraktion aus dem Sommer 2014 lehnten die damaligen Regierungsfraktionen ab. Da sich auch im Koalitionsvertrag von CDU und SPD kein Bekenntnis dazu findet, dass sich die Fraktionen dieses Themas annehmen wollen, werden wohl weitere Jahre ungenutzt verstreichen.“
„Beim Thema Barrierefreiheit gelang ebenfalls kein großer Wurf. Das Initiativprogramm ‚Lieblingsplätze für Alle‘ wird in den Kommunen zwar gut angenommen. Allerdings wird das Programm eher nach dem Gießkannenprinzip eingesetzt, anstatt grundlegende und nachhaltige Veränderungen in Sachen Barrierefreiheit im Freistaat anzustoßen.“
„Eine gute Nachricht gibt es dennoch, denn in Sachsen soll es endlich einen Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK geben. Kritisch sehen wir jedoch den Erarbeitungsprozesses durch die Staatsregierung. Die UN-BRK sieht vor, dass dieser transparent und partizipativ verläuft. Hier fehlt mir allerdings das Vertrauen in das federführend zuständige Sozialministerium. Daher haben wir einen Antrag eingereicht, mit dem wir u. a. die Einbeziehung der Monitoringstelle zur UN-BRK in den Erarbeitungsprozess fordern.“
„Danken möchte ich den vielen Vereinen, Verbänden und Einzelpersonen, die sich auch ohne große Unterstützung durch die Staatsregierung auf den Weg gemacht haben, den Gedanken und die Ziele der UN-BRK voranzutreiben“, erklärt Zschocke.
Hintergrund:
Deutschland hat die UN-BRK am 26. März 2009 ratifiziert. Es ist 2015 das erste Mal, dass die Vereinten Nationen den Vertragsstaat auf den Umsetzungsstand der Konvention prüfen.
Antrag „UN-Behindertenrechtskonvention im Freistaat Sachsen voran bringen“ (Drs 6/1191)