17. Juni: Solidarität mit den Menschen, deren Freiheitswillen unterdrückt wird

Heute jährte sich der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 zum 70. Mal. Angesichts der aktuellen Bedrohung von Demokratie, Freiheit und Grundrechten durch das Erstarken autoritärer Tendenzen ist es ein bedeutender Jahrestag. Das Gedenken an den durch Moskauer Panzer niedergeschlagenen Volksaufstand ist keineswegs rückwärtsgewandt, sondern gerade mit Blick auf Putins Angriffskrieg hochaktuell. 

Bundespräsident a.D. Joachim Gauck besuchte die Gedenkveranstaltung am Mahnmal für die Opfer des Stalinismus in der Hohen Straße. In seiner Rede erinnerte er auch an die damaligen Streiks in den Chemnitzer Fabriken und fand beeindruckend klare Worte zum Freiheitswillen der Deutschen. Angesichts der Tatsache, dass wir heute in Freiheit und Demokratie leben dürfen, warb er für ein neues Bewusstsein im Erinnern an den Volksaufstand vom 17. Juni und für echte Solidarität mit den Menschen, deren Freiheitswillen unterdrückt wird. Mit Blick auf diejenigen, die das Gedenken an den 17. Juni für einen Kampf gegen angeblich in unserem Land unterdrückte Meinungsfreiheit instrumentalisieren, erinnerte er an die Zeit, wo Menschen für das bloße auf die Straße gehen inhaftiert worden wären. Zu behaupten, man könne heute in Deutschland nicht frei sprechen, sei nicht nur falsch, sondern bösartig.

Gemeinsam gedachten wir der Opfer des Volksaufstandes. Im Anschluss durfte der Verein Lern- und Gedenkort Kaßberggefängnis den Altbundespräsidenten über den künftigen Lernort im ehemaligen Hafttrakt B informieren. Im Beisein von Oberbürgermeister Sven Schulze und unserer Zeitzeugin Sabine Popp trug sich Joachim Gauck dort auch ins Goldene Buch der Stadt Chemnitz ein.

Errichtung eines Lern- und Gedenkortes im ehemaligen Kaßberggefängnis

Unser Verein setzt sich seit seiner Gründung 2011 für den Erhalt des früheren Gefängnisses und die Errichtung eines Lern- und Gedenkorts ein, der an die verschiedenen Zeitabschnitte erinnert. Im Jahr 2017 konnte der Gedenkort an der Außenmauer des ehemaligen Kaßberg-Gefängnisses eröffnet werden. Gegenwärtig wird im ehemaligen Hafttrakt B mit Fördermitteln von Bund, Freistaat Sachsen und Stadt Chemnitz der Lernort ausgebaut. Eine Dauerausstellung entsteht, deren Mittelpunkt die Haftschicksale früherer politischer Gefangenen bilden. Schwerpunkt wird das Schicksal der von der Bundesrepublik freigekauften politischen Häftlinge sein. Die Eröffnung ist im Oktober 2023. Bildungsangebote in Form von Workshops, Zeitzeugengesprächen und Führungen spielen für die Arbeit der künftigen Gedenkstätte eine zentrale Rolle.

Ich hatte mir eine Eröffnung der Gedenkstätte am heutigen geschichtsträchtigen 17. Juni sehr gewünscht. Doch alle größeren Baumaßnahmen sind derzeit krisenbedingt von Zeitverzögerungen betroffen. Auch wenn noch viel zu tun ist, konnten wir heute zeigen, wie weit fortgeschritten die Arbeiten bereits sind. Ich sehe im künftigen Lernort nicht nur einen Ort für Erinnern und Gedenken, sondern für aktive und persönliche Auseinandersetzung mit Geschichte, einen Ort, an dem offenes Diskutieren auch über aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und so im besten Sinne Demokratie-Lernen ermöglicht wird.

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