Der Runde Tisch ‚Geburtshilfe und Hebammenversorgung in Sachsen‘ trat erstmals am 17. März 2017 zusammen. Der Einladung folgten Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU), Vertreterinnen der SPD- und der LINKEN-Fraktion, der Sächsische Hebammenverband e.V., die Landesärztekammer, die Krankenhausgesellschaft, Krankenkassen, Vertreter der Hebammenwissenschaft, der Landesfrauenrat, Familienverbände sowie Elternvertreter.
Grit Kretschmar-Zimmer, erste Vorsitzende des Hebammenverband Sachsen e.V., meinte „es brennt an allen Ecken“. Sozialministerin Barbara Klepsch dankte der GRÜNEN-Landtagsfraktion, dass sie die Initiative bei diesem Thema ergriffen wurde. Volkmar Zschocke, Vorsitzender und gesundheitspolitischer Sprecher der GRÜNEN-Fraktion machte zu Beginn darauf aufmerksam, dass das Problem vielschichtig sei. Die Ursachen für den Mangel an Hebammenleistungen seien unterschiedlich. Im Fokus standen deshalb die Fragen: Wie wird die aktuelle Versorgungssituation in Sachsen eingeschätzt? Gibt es eine ausreichende Versorgung überall in Sachsen – auch in den strukturschwachen, dünner besiedelten Regionen? Ist die Wahlfreiheit über die Art der Geburt (z.B. Klinik- oder Hausgeburt) für alle Eltern in Sachsen gegeben? Wie soll die geplante Studie zur Hebammenversorgung umgesetzt werden?
Die Studie war eines der zentralen Themen. Die Sozialministerin stellte fest, dass die derzeitige Statistik zur Hebammenversorgung nicht belastbar sei, deshalb sei eine verlässliche Datengrundlage eine der wesentlichen Voraussetzungen für konkrete Maßnahmen. Die GRÜNE-Fraktion regte zudem an, einen „Begleitkreis zur Studie“ einzuberufen, der sich aus Mitgliedern des Runden Tisch zusammensetzt und den Prozess der Studie begleitet. Einigkeit am Runden Tisch bestand darin, bei der Erstellung der Studie auf Erfahrungen in Thüringen zurückzugreifen. Dort wurde 2016 eine Studie zum gleichen Thema veröffentlicht. Deutlich wurde, dass der Hebammenmangel sowohl die freiberuflichen Hebammen, als auch die Klinikhebammen betrifft. Grund dafür sind nicht nur stetig steigende Haftpflichtbeiträge und zu geringe Vergütungen von Hebammenleistung. Auch die vielen Altersabgänge führten zu einer höheren Arbeitsbelastung. Darüber hinaus, wurde darauf hingewiesen, dass eine konkrete Bedarfsplanung für Hebammen – ähnlich wie bei Ärzten – helfen könne, die Hebammenversorgung flächendeckend zu sichern.
Kontrovers diskutiert wurde die Frage: Mit welchen Maßnahmen kann die Situation von Hebammen und Eltern am wirkungsvollsten verbessert werden? Die Sozialministerin stellte klar, dass die 175.000 € pro Jahr für ein Hebammen-Hilfsprogramm so zielführend wie möglich eingesetzt werden sollten,- in enger Abstimmung mit den Hebammen. Die GRÜNE-Fraktion hat einen Antrag zur Ausgestaltung des Hilfsprogramms eingereicht, der am Runden Tisch diskutiert wurde. Unsere Fraktion fordert die Staatsregierung darin auf, Folgendes zu prüfen: Maßnahmen zur Aufwertung und Stärkung des Hebammenberufs, eine Förderung von Hebammen, die ausbilden, Starthilfen für Praxisgründung und – ausstattung; Zuschüsse für außerklinische Geburten in Regionen mit einem Mangel an Angeboten der ambulanten Geburtshilfe oder Zuschüsse für Geburtshäuser zur Absicherung außerklinischer Geburtshilfe in Wohnortnähe. Unser Ziel ist die finanzielle Unterstützung für freiberufliche und Klinikhebammen. Alle Hebammen sollen eine berufliche Perspektive erhalten.
Der Hebammenverband wies darauf hin, dass diese Maßnahmen Wirkung entfalten könnten. Freiberufliche Hebammen in der Geburtshilfe brauchen nach Ansicht des Verbandes besondere Unterstützung, weil die finanzielle Belastung durch die Haftpflichtprämien sehr hoch sei. Dieser Beitrag sei der „Knackpunkt“ für viele Hebammen. Die Sozialministerin machte wenig Hoffnung, dass bei der Haftpflichtprämie eine Finanzierung durch den Freistaat Sachsen sinnvoll und rechtlich zulässig sei. Andere Ansätze halte sie für sinnvoller, etwa die Werbung und Aufwertung des Berufsbilds. Sie erinnerte daran, dass früher der Hebammenberuf ein Traumberuf gewesen sei. Es bestand Konsens, dass Sachsen bereits 2017 konkrete Maßnahmen braucht – auch wenn die Studie frühestens 2018 fertig sein wird. Bis zum Sommer 2017 sollten Gelder fließen. Die GRÜNE-Fraktion betonte, dass zumindest kein Angebot mehr wegbrechen dürfe, denn dies ließe sich dann nur schwer wieder aufbauen. Die Erfahrung zeigt, dass mit dem jährlichen Anstieg der Haftpflichtprämie im Juli besonders viele Hebammen aufhörten.
Ein weiterer Runder Tisch für das Jahr 2017 ist angedacht.